Die Künstliche Intelligenz (KI) verändert die Arbeitswelt grundlegend. Nach zwei Jahren intensiver Nutzung von ChatGPT & Co. zweifelt kaum noch jemand an ihrem transformativen Potenzial. Enorme Investitionen fließen in die KI-Entwicklung – doch welche langfristigen Konsequenzen sich daraus ergeben, bleibt ungewiss.
Trotz aller Euphorie bleibt eine Tatsache unverändert: Pflegebedürftige Menschen benötigen weiterhin Unterstützung bei der Körperpflege, beim Toilettengang oder der Nahrungsaufnahme. Sie brauchen Pflegekräfte, denen sie vertrauen können – und menschliche Empathie, die durch KI bestenfalls simuliert, aber nie authentisch ersetzt werden kann.
Gleichzeitig ist Pflege nicht nur Beziehungsarbeit, sondern auch Bürokratie. Dokumentation, Qualitätsmanagement, Patientenverwaltung und Schulungen sind unverzichtbare Bestandteile des Systems. Experten prognostizieren, dass KI insbesondere in diesen Bereichen eine entscheidende Rolle übernehmen wird. Doch die zentrale Frage bleibt: Wie gestalten wir diesen Wandel sinnvoll?
Grundlagen der KI: Was Pflegekräfte wissen sollten
Die Entwicklung von KI ist so rasant, dass selbst Fachleute Mühe haben, Schritt zu halten. Viele Menschen haben noch nie mit einem Chatbot interagiert, während andere nach einer unbefriedigenden Antwort die Technologie vorschnell als unbrauchbar abtun. Dabei kann KI bereits heute komplexe pflegerische Prozesse unterstützen. Ein Chatbot kann beispielsweise einen Pflegeprozess für einen Bewohner mit Sturzrisiko formulieren – abhängig vom Modell (z. B. ChatGPT, Claude oder Mistral) jedoch auch mit unterschiedlichen Ergebnissen.
Eine spezifische „Pflege-KI“, die standardisierte, fachlich fundierte Antworten liefert, gibt es noch nicht. Doch es ist technisch problemlos möglich, ein großes Sprachmodell so anzupassen, dass es exakt die gewünschten Resultate liefert. Dazu existieren verschiedene Methoden, hier 2 Beispiele:
Sollte eine KI nicht die gewünschte Qualität liefern, kann sie entsprechend trainiert werden – und zwar nicht nur für Pflegeprozesse, sondern für alle administrativen und organisatorischen Abläufe. Spezialisierte Agentensystemeermöglichen sogar die gezielte Anpassung kleiner Sprachmodelle für spezifische Aufgaben.
Automatisierung und Verantwortung: Wie verändert KI den Pflegeberuf?
Laut dem Future of Jobs Report 2025 des World Economic Forums wird KI die Arbeitswelt – und damit auch das Pflegesystem – nachhaltig verändern. Während pflegerische Tätigkeiten am Menschen aufgrund ihres hohen Bedarfs an Empathie und manuellen Fähigkeiten nicht substituiert werden können, ist der bürokratische Sektor prädestiniert für Automatisierung.
Das eigentliche Einsparpotenzial liegt im Management und in administrativen Aufgaben. Doch welche Auswirkungen hat das auf den Berufsalltag? Drei mögliche Szenarien lassen sich skizzieren:
Die entscheidende Frage lautet: Steuern wir diesen Wandel aktiv – oder lassen wir uns von ihm treiben?
Der Mensch bleibt im Mittelpunkt der Pflege
Die Auswirkungen von KI auf die Pflege sind nicht mehr hypothetisch – sie sind real und unausweichlich. Doch während die Forschung erst beginnt, die Chancen und Risiken zu evaluieren, setzen erste Softwarehersteller bereits KI-gestützte Lösungen ein. Doch auf welcher pflegewissenschaftlichen Grundlage?
Während die Pflegewissenschaft eine stärkere Akademisierung fordert, kämpfen Praxisverantwortliche mit dem akuten Fachkräftemangel und suchen nach schnellen, pragmatischen Lösungen. KI kann hier einen wertvollen Beitrag leisten – aber nur, wenn sie strategisch sinnvoll eingesetzt wird.
„KI wird keine Experten ersetzen – sondern Experten, die keine KI nutzen.“ Dieses oft zitierte Statement gilt auch für die Pflege. Die Automatisierung darf jedoch nicht dazu führen, dass Stellen abgebaut werden. Stattdessen müssen Pflegekräfte befähigt werden, KI gezielt zur Verbesserung ihrer Arbeit einzusetzen.
Der EU AI Act setzt wichtige regulatorische Leitplanken für den sicheren Einsatz von KI. Pflegeeinrichtungen und Berufsverbände müssen diesen Prozess aktiv mitgestalten, um sicherzustellen, dass Technologie im Sinne der Pflegekräfte und Pflegebedürftigen genutzt wird – und nicht zu Lasten der Menschlichkeit.
Quo vadis, Pflege?
Christian Kolb, Dipl- Pflegew. FH,
ist Autor der Internetseite pflege-ai.de. Er beschäftigt sich mit der Entwicklung von KI-gestützten Verfahren in der Pflege. Er war jahrelang Pflegegutachter und bis 2014 wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Erlangen-Nürnberg mit Forschungsschwerpunkt Ernährung und Demenz, Ethische Fragen der künstlichen Ernährung und Entscheidungsfindung am Lebensende. Er war unteranderem wissenschaftlicher Berater bei der Erstellung des Expertenstandard „Ernährungsmanagement zur Sicherung und Förderung der oralen Ernährung in der Pflege“.
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