Die zunehmende Digitalisierung verändert den Krankenhausalltag grundlegend. Elektronische Fieberkurven, digitale Medikationssysteme und vernetzte Medizingeräte sind längst zur Selbstverständlichkeit im Arbeitsalltag geworden. Diese Entwicklungen verbessern die Versorgungsqualität, erhöhen aber gleichzeitig die Anforderungen an Datenschutz und IT-Sicherheit (BSI, 2024).
Pflegepersonen stehen täglich in engem Kontakt mit digitalen Systemen und arbeiten an der Schnittstelle zwischen Patient*innen, Technik und Organisation. Ein unbedachter Klick, ein offener Bildschirm oder die Weitergabe von Passwörtern können schwerwiegende Folgen haben. Cyberangriffe auf Krankenhäuser sind keine Seltenheit mehr. In den letzten Jahren haben mehrere Vorfälle im deutschsprachigen Raum gezeigt, wie schnell die Versorgung durch Attacken beeinträchtigt werden kann (BSI, 2024).
IT-Sicherheitsrisiken im Pflegealltag
Im Pflegealltag entstehen IT-Risiken häufig durch alltägliche Routinen und Zeitdruck. Typische Situationen sind das unbeaufsichtigte Offenlassen eingeloggter Computer oder die gemeinsame Nutzung eines Benutzerkontos während stressiger Dienste. Auch das Verwenden privater USB-Sticks oder Smartphones birgt Gefahren, da Schadsoftware unbemerkt ins Netz der Einrichtung gelangen kann (BSI, 2024).
Hinzu kommt das Phänomen des „Social Engineering“ – also die gezielte Manipulation von Mitarbeiter*innen, um an vertrauliche Informationen zu gelangen. Angreifer*innen geben sich beispielsweise als IT-Mitarbeiter*innen aus und fordern telefonisch Zugangsdaten an. Solche Angriffe sind teilweise erfolgreich, wenn Pflegepersonen nicht ausreichend sensibilisiert sind (ENISA, 2023).
Verfügbare Systeme und medizinische Geräte sind vielfach mit dem Kliniknetzwerk verbunden. Deshalb können auch Infusionspumpen, Monitore und EKG-Systeme zum Einfallstor für Angriffe werden, wenn sie nicht regelmäßig aktualisiert oder mit Standardpasswörtern betrieben werden (BSI, 2024).
Sensibilisierung als Schlüsselfaktor
Die Sensibilisierung von Pflegepersonen ist ein zentraler Bestandteil jeder IT-Sicherheitsstrategie im Krankenhaus. Nur wer potenzielle Risiken erkennt, kann sie aktiv vermeiden. Sensibilisierung bedeutet dabei mehr als reine Wissensvermittlung – sie fördert ein Sicherheitsbewusstsein, das im täglichen Handeln verankert ist.
Praxisbeispiele zeigen, dass viele Sicherheitsverletzungen nicht durch technische Mängel, sondern durch menschliche Fehlhandlungen verursacht werden. Eine geschulte Pflegeperson merkt, wenn eine E-Mail verdächtig aussieht, oder hinterfragt einen unerwarteten Anruf der „IT-Abteilung“. Dieser achtsame Umgang mit digitalen Systemen schützt nicht nur Daten, sondern letztlich auch die Patient*innensicherheit. Die Vermittlung von IT-Sicherheitsbewusstsein sollte daher regelmäßig erfolgen – etwa in Form kurzer Schulungseinheiten, Fallbesprechungen und interaktiver Übungen (DATUREX, 2024).
Entscheidend ist, dass das Thema nicht als zusätzliche Belastung wahrgenommen wird, sondern als Bestandteil professioneller Pflegekompetenz.
E-Learnings als wirksame Schulungsform
In vielen Häusern haben sich E-Learnings als beliebte Methode etabliert, um Pflegepersonen kontinuierlich zu schulen. Sie ermöglichen zeit- und ortsunabhängiges Lernen, sind leicht aktualisierbar und können individuell an den Wissensstand angepasst werden.
Gute Erfahrungen zeigen sich vor allem, wenn E-Learnings praxisnah gestaltet sind – etwa mit realistischen Szenarien, Quizfragen oder kurzen Simulationen typischer Alltagssituationen (z. B. Erkennen von Phishing-Mails oder Umgang mit verlorenen Zugangskarten). Durch Wiederholbarkeit und Interaktivität steigt die Lernmotivation deutlich. So werden digitale Lernformen zu einem integralen Bestandteil der Sicherheitskultur in der Pflege (ZQP, 2022).
Konsequenzen falschen Verhaltens
Fehlverhalten im Bereich IT-Sicherheit kann gravierende Folgen haben – sowohl für das Krankenhaus als Organisation als auch für die beteiligten Pflegepersonen:
Datenschutz – eine berufsethische Verantwortung
Der Schutz von Patient*innendaten gehört zu den Kernpflichten des Pflegeberufs. Verstöße gegen die Schweigepflicht im digitalen Kontext können nicht nur rechtliche, sondern auch ethische Konsequenzen haben. Laut Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) gelten Patient*innendaten als „besondere Kategorien personenbezogener Daten“ und erfordern daher ein besonders hohes Schutzniveau (Europäische Union, 2016).
Ein typisches Beispiel aus der Praxis ist die fotografische Wunddokumentation mit privaten Smartphones. Auch wenn die Intention fachlich und praktisch sinnvoll ist, ist die Verwendung nicht autorisierter Geräte ein klarer Datenschutzverstoß.
Sicherheitskultur in der Pflegepraxis
IT-Sicherheit kann nur dann funktionieren, wenn Sicherheitsbewusstsein fest in der Pflegekultur verankert ist. Bewusstsein bedeutet, Risiken zu erkennen, Situationen richtig einzuschätzen und Verantwortung zu übernehmen (DATUREX, 2024). Pflegepersonen tragen zur Sicherheitskultur bei, indem sie ihre Bildschirme konsequent sperren, ungewöhnliche Systemeinstellungen melden oder auffällige E-Mails sofort der IT-Abteilung weiterleiten.
Führungskräfte in der Pflege nehmen eine wichtige Position ein, da sie Standards setzen, das Bewusstsein durch gezielte Schulungen und Kommunikation stärken und dadurch Vorbild für sicheres Verhalten sind. Studien zeigen, dass Teams unter Führungspersonen, die eine klare und wertschätzende Sicherheitskultur etablieren und diese kontinuierlich kommunizieren, weniger Sicherheitsvorfälle verzeichnen. Führungskräfte motivieren Pflegekräfte, Risiken und Vorfälle aktiv zu melden, statt diese zu verbergen, und sie schaffen die Rahmenbedingungen, in denen IT-Sicherheit als gemeinsames Ziel für alle Mitarbeitenden gelebt wird (ZQP, 2022).
Kooperation zwischen Pflege und IT
Eine gute Zusammenarbeit zwischen dem Pflegepersonal und den IT-Mitarbeiter*innen ist essenziell. Während die IT-Spezialist*innen über technisches Wissen verfügen, bringen Pflegekräfte praktische Erfahrungswerte aus dem klinischen Ablauf ein. Dieser gegenseitige Austausch verbessert sowohl die Systemgestaltung als auch das Sicherheitsverständnis. Hilfreich ist beispielsweise, wenn Pflegepersonen regelmäßig Feedback zu Systemausfällen oder Sicherheitsbarrieren geben, die den Workflow beeinträchtigen. Solches Feedback ist wertvoll, um IT-Systeme anwenderfreundlicher und sicherer zu gestalten. Gleichzeitig sollte die IT-Abteilung Schulungsformate anbieten, die an den realen Stationsalltag angepasst sind – etwa kurze Videos oder Simulationen mit typischen Phishing-Mails.
Digitale Pflegekompetenz und Fortbildung
Digitale Kompetenz umfasst mehr als nur IT-Bedienung. Sie schließt Wissen über Datenschutz, rechtliche Grundlagen, technische Sicherheitsmaßnahmen und verantwortungsvollen Umgang mit Daten ein. Kontinuierliche Schulungen steigern das Sicherheitsbewusstsein und reduzieren das Risiko menschlicher Fehler (ICN, 2023).
Ein innovativer Ansatz zur Förderung dieser Kompetenz ist das „Room of Error/Horror“-Konzept. Dieses wird in österreichischen Spitälern eingesetzt, um Pflege- und Gesundheitsmitarbeitende durch realitätsnahe Simulationen typischer Fehler und deren Konsequenzen zu sensibilisieren. In einem geschützten, simulierten Umfeld erleben die Teilnehmenden Fehlerquellen und -situationen praxisnah, um daraus zu lernen und das Bewusstsein für IT-Sicherheit und andere kritische Themen zu schärfen.
Die häufigsten und typischsten Fehlerquellen im Pflegealltag:
Tipps für den Alltag
IT-Sicherheit im Krankenhaus ist kein reines IT-Thema, sondern eine interprofessionelle Aufgabe. Pflegepersonen stehen an vorderster Front, wenn es darum geht, sensible Daten zu schützen und den sicheren Betrieb medizinischer Systeme zu gewährleisten.
Die technische Infrastruktur allein kann keine Sicherheit garantieren – sie braucht verantwortungsbewusste Anwenderinnen. Eine gelebte Sicherheitskultur, regelmäßige Schulungen, E-Learnings als nachhaltiges Lernformat sowie die Sensibilisierung aller Mitarbeiter*innen sind die Schlüssel zu einem sicheren Krankenhaus. Letztlich bedeutet IT-Sicherheit auch Patient*innensicherheit – und damit ist sie Kernaufgabe professioneller Pflege (DATUREX, 2024).
Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik. (2024). BSI-Lagebericht zur IT-Sicherheit im Gesundheitswesen 2024. Bonn: BSI.
DATUREX (2024). Informationssicherheit in der Pflege: Ein Leitfaden. https://externer-datenschutzbeauftragter-dresden.de/datenschutz/informationssicherheit-in-der-pflege-ein-leitfaden/
Europäische Agentur für Netz- und Informationssicherheit (ENISA). (2023). Healthcare Cybersecurity Threat Landscape. Athen: ENISA.
Europäische Union. (2016). Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Amtsblatt der Europäischen Union L119.
ICN – International Council of Nurses. (2023). ICN Digital Literacy Guidelines for Nurses. Genf: ICN.
NIST – National Institute of Standards and Technology. (2025). How Do I Create a Good Password? https://www.nist.gov/cybersecurity/how-do-i-create-good-password
Paubox. (2025). Building a layered defense against healthcare phishing attacks in 2025. https://www.paubox.com/blog/building-a-layered-defense-against-healthcare-phishing-attacks-in-2025
Rubrik. (2025). What Should Be in Your 2025 Health IT Security Audit Checklist? https://www.capminds.com/blog/what-should-be-in-your-2025-health-it-security-audit-checklist/
ZQP – Zentrum für Qualität in der Pflege (2022). Sicherheitskultur in der ambulanten Pflege. doi: 10.71059/KDTS6823
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