“What we see happening with palliative care outside of hospice is a real desire to integrate it into the primary care setting really at the roots of community-based care”
(Ben Marcantonio)
Das internationale Projekt „iCare – an International Integrated perspective in palliative CARE for dignity and proper support in ageing and approaching end of life“ wagt nicht weniger, als Hospiz- und Palliativecare in die unterschiedlichen Gesellschaftssphären und direkt zu den Menschen zu bringen. Unter der Leitung der Organizatia Umanitaria Concordia, Rumänien, dem Kardinal König Haus, Wien, und der Polytechnischen Universität von Leiria, Portugal schlagen die Teilnehmer:innen Brücken zwischen Wunsch und Wirklichkeit.
Selbstbestimmung, Schmerzfreiheit, Nähe zu vertrauten Personen, Versterben an einem selbstgewählten Ort sind nur einige der häufig genannten Wünsche von Menschen am Lebensende (Hospizbewegung Baden, 2023). Wunsch und Wirklichkeit der Begleitung, Pflege und Betreuung am Lebensende (Stadlmann, 2024) sind jedoch bei Menschen in ihrer letzten Lebensphase häufig nicht deckungsgleich. Den beschriebenen Wünschen stehen die „Versorgungs – und Ressourcenengpässe“ des Gesundheitssystems, nach wie vor unzureichend entwickeltes und gefördertes Wissen um Hospiz- und Palliativecare in den Ausbildungscurricula des medizinisch/pflegerischem Fachpersonals, wenig umfassend bekannte Möglichkeiten zur vorausschauenden Planung, sowie zu wenig Wissen um Sorgenetzwerke („Caring Communities“) gegenüber.
In der Vergangenheit wurden palliative Unterstützung und Pflege größtenteils von spezialisierten Teams in enger Zusammenarbeit mit Freiwilligen bereitgestellt (Schuchter et. al, 2024 ). Analog zu den Entwicklungen der Gesamtgesellschaft ist auch die Hospiz- und Palliativecarelandschaft stetem Wandel unterworfen. Mittlerweile sind die spezialisierten Angebote von Hospiz- und Palliativecare, wie zum Beispiel Palliativstationen, Mobile Palliativteams, Hospizteams oder Tageshospize, zum einen nicht mehr ausreichend um alle Menschen, die dies wünschen, palliativ zu begleiten. Zum anderen entwickeln sich durch die intensive Individualisierung des Lebens Tendenzen hin zu einem „situationsbiografischen Sterben“. Entscheidungen über „Sterbeorte“ und „das Sterben“ werden spontan und ineinander übergreifend getroffen. (Benkel & Meitzler,2022)
Die dargestellten Realitäten machen eine Erweiterung der bisher üblichen und bekannten „spezialisierten Versorgungssettings“ der Hospiz- und Palliativecare notwendig.
Die „abgestufte Hospiz- und Palliativversorgung“ (Abb.1) als Vorbild nehmend, muss sich die Palliativpflegekultur als integralen Bestandteil der Primär- und häuslichen Pflege etablieren und direkt in den Lebensrealitäten der Menschen Fuß fassen (Hospiz Österreich, 2004) und zu „New Essentials“ weiterentwicklen (Abel et al. 2018)
Vor allem in der Ausgestaltung und Stärkung der „Caring Communities“ kann die Möglichkeit eines Brückenschlags zwischen den eingangs beschriebenen Wünschen und der Versorgungs – Wirklichkeit liegen (Wegleitner & Schuchter, 2021).
Das Projekt iCare
„iCare – an International Integrated perspective in palliative CARE for dignity and proper support in ageing and approaching end of life“ ist ein innovatives, interprofessionelles und partizipatives Ersamus+ Projekt unter der Leitung der Organizatia Umanitaria Concordia, Rumänien, in Zusammenarbeit mit dem Kardinal König Haus, Wien, und der Polytechnischen Universität von Leiria, Portugal. Von Februar 2024 bis Dezember 2025 finden sich insgesamt 25 Teilnehmer:innen, Trainer:innen und Vortragende aus Österreich, Rumänien und Portugal in 5 Modulen zusammen, um das „gute Leben und Sterben“ zu reflektieren und zu gestalten.
Im Rahmen eines Train-The-Trainer Formats entwickeln die 21 internationalen Teilnehmer:innen kreative Bildungsformate in Zusammenhang mit Hospiz- und Palliative Care, die sich sowohl an den jeweiligen landesspezifischen Gegebenheiten, als auch den Konzepten der „Caring Communities“ und „Death Literacy“ orientieren.
Ziel des Train-the-Trainer-Kurses ist es dementsprechend, die Teilnehmer:innen zu befähigen, niederschwellige Lerngemeinschaften oder Bildungsangebote zu entwickeln, um die wiederum landesspezifisch unterschiedlich entwickelten Palliativkulturen in verschiedenen gesellschaftlichen Kontexten zu etablieren (Schuchter et al., 2024).
Ob die Teilnehmer:innen Death-Caféformate, philosophische Erzählcafés zu Trauer und Continuing Bonds, Beratungsstrukturen zur Vorausschauenden Planung oder eigene, neue Sorgenetzwerke ins Leben rufen, ist völlig frei gestellt. Die Entwicklung der jeweiligen Projekte wird sowohl durch kontinuierliche Peer-to-Peer Formate, als auch durch One-on-One Coachings mit Expert:innen aus den Bereichen Philosophie, Forschung, Projektmanagement und Öffentlichkeitsarbeit in Hospiz- und Palliativecare begleitet.
Das iCare Projekt beleuchtet die Hospiz- und Palliativecarekultur und die Hospiz-Philosophie der drei unterschiedlichen Länder von psychosozialer, philosophischer, organisationaler und spiritueller Seite und versucht dadurch, neue Aspekte und Ansätzen zu entwickeln, um „den Tod zurück ins Leben“ zu holen.
„Manchmal wird behauptet, es sei der Vorgang des ‹Sterbens›, den wir in Wirklichkeit fürchteten. Aber im Prinzip hätte ich ja nichts am Sterben auszusetzen, wenn ihm nicht der Tod folgen würde.“
(Thomas Nagel)
Neuigkeiten, Entwicklungen und Details zum iCare Projekt finden Sie unter https://concordia-academia.ro/european-union-2/icare-an-international-integrated-perspective-in-palliative-care-for-dignity-and-proper-support-in-ageing-and-approaching-end-of-life/?lang=en
Abel J, Kellehear A, Karapliagou, A. (2018) Palliative care—the new essentials. Ann Palliat Med. 7 (Suppl 2): S3-S14. doi: 10.21037/apm.2018.03.04
Benkel, T., Meitzler, M. (2022) Sterbesituation und Thanatografie. Soziologische Perspektive. In Kontext Sterben. (S. 118-129). Zürich: Scheidegger & Spiess https://doi.org/10.53788/CAST0001
Greiner, F. (2019). Säkulares Sterben?: Die Kirchen und das Lebensende in der Bundesrepublik Deutschland. Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte, 67(2), 181-208. https://doi.org/10.1515/vfzg-2019-0011
Hospizbewegung Baden (2023) Sterbebegleitung. Wenn unsere Zeit zu Ende geht … [Datensatz], https://hospiz-baden.jimdofree.com/home/archiv/umfrage-5-%C3%A4ngste-unheilbar-krank/ Abruf am 22.08.2024
Hospiz Österreich (2004) Abgestufte Hospiz und Palliativversorgung, https://www.hospiz.at/hospiz-palliative-care/abgestufte-hospiz-und-palliativversorgung/ , Abruf 22.08.2024
McMahan, R. D., Tellez, I., & Sudore, R. L. (2021). Deconstructing the complexities of advance care planning outcomes: what do we know and where do we go? A scoping review. Journal of the American Geriatrics Society, 69(1), 234-244.
Nagel, T. (2012) Letze Fragen. Mortal Questions, Hamburg: CEP Europäische Verlagsanstalt
Schuchter, P.,Wegleitner, K. (2021) „Handbuch Caring Communities“ – Sorgenetze stärken – Solidarität leben, Österreichisches Rotes Kreuz
Schuchter, P., Buchegger, M., Dreglea, I., Dixe, M., Jurka, J., Laranjeira, C., Querido, A. (2024): Creating learning communities for compassionate palliative care cultures (CLC-CPC). Train-the-trainer-course. Curriculum. As part of the project „iCare – an International Integrated perspective in palliative CARE for dignity and proper support in ageing and approaching end of life“ (Organizatia Umanitaria Concordia, Romania in cooperation with the Kardinal König Haus, Vienna and the Polytechnic University of Leiria, Portugal), co-funded by the European Union (Erasmus+) | 2023-1-RO01-KA220-VET-000166902). Vienna-Bucarest-Leiria
Abbildung 1 Abgestufte Hospiz- und Palliativversorgung , https://www.hospiz.at/hospiz-palliative-care/abgestufte-hospiz-und-palliativversorgung/, Abruf am 22.08.2024
Abbildung 2 Palliative Care – The New Essentials, https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/29764169/ , Abruf am 25.08.2024
Leiterin eines Tageszentrums für Senior*innen der CS Caritas Socialis in Wien, Koordinatorin der Gruppe 1030 Promenz, Bloggerin beim Standard sowie Hospiz Österreich, Lehrgangsleitung Begleiten bei Demenz im Kardinal König Haus
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