Nichts hat unsere Lebenserwartung so gesteigert wie Hygiene. Die Entwicklung von Hygiene hat bis heute mehr Menschenleben gerettet als alle Impfungen und Antibiotika zusammen.
Das Robert-Koch-Institut definiert Hygiene als die „Lehre von der Verhütung der Krankheit und der Erhaltung und Festigung der Gesundheit“. Mit Hygienemaßnahmen versucht man, die Übertragung von Krankheitserregern zu vermeiden. Und das wird mit zunehmender Urbanisierung immer wichtiger.
Heute leben wir anders als noch vor 100 Jahren. Wir leben in Ballungsräumen, verbringen einen Großteil unserer Zeit in Innenräumen, besuchen größere Stadien, Universitäten, Supermärkte, bewegen uns mit öffentlichen Verkehrsmitteln…… Wir haben unendlich viel Kontakt mit den Keimen anderer Menschen. So werden Microorganismen, Bakterien und Viren effektiv verteilt. Wir nehmen diese Fremdkörper durch Kontakt, z.B. mit den Händen, auf und bringen sie dann abends in unser Bett.
Wir können heute davon ausgehen, dass überall wo es ein Bett gibt, ob in privaten Haushalten, Hotels, Pflegeeinrichtungen, Studentenwohnheimen usw. die Matratze mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit das schmutzigste Teil im Raum ist.
In diesem Artikel möchte ich das Thema Matratzenhygiene aufgreifen und den Fokus auf die Aufrechterhaltung einer sauberen und hygienischen Schlafumgebung legen. Besonders im Bereich der Pflege älterer und vulnerabler Personengruppen sollte Matratzenhygiene zur Standardprozedur gehören.
Aber der Reihe nach
Wie ist um die aktuelle Hygienesituation unserer Matratzen bestellt?
Unabhängig von der Qualität oder deren Aufbau sind Matratzen wahre Brutstätten für mikroskopisch kleine Lebewesen. Es ist warm, feucht und dunkel. Die besten Rahmenbedingungen für Bakterien, Viren und Schimmelpilze, um zu leben, wachsen und gedeihen.
Es gibt einige Studien zum Thema Bettenhygiene und sie kommen alle mehr oder weniger zum selben Ergebnis:
Die Situation ist in den allermeisten Fällen erschreckend. Die Matratzen sind in einem hygienisch erbärmlichen Zustand und anstatt zu handeln, wird das Thema unters Bett gekehrt!
In einer aktuellen Studie veröffentlichte der US-Matratzenanbieter Amerisleep eine Matratzenhygiene-Entwicklungsanalyse. Die darin veröffentlichten Keimdaten zeigen, dass wir nie allein im Bett sind.
Schon nach kurzer Zeit teilen wir es mit mehreren Millionen Mitbewohnern.
Hier ein kleiner Ausschnitt der Ergebnisse.
Die häufigste Art waren gramnegative Stäbchen. Darunter fallen etwa Salmonellen, Shigellen oder E.coli. Am zweithäufigsten waren sogenannte grampositive Stäbchen, zu denen etwa Clostridien zählen, die Lebensmittelvergiftungen auslösen können. An dritter und vierter Stelle kamen sporenbildende Stäbchenbakterien (Bazillen) und grampositive Kokken, zu denen etwa Staphylococcus aureus gehört.
Eine weitere Studie von Jens Rosenbaum – Journalist und Hotelbettenexperte aus dem Jahr 2019, hat sich auf Hotels in der DACH-Region konzentriert. Freiwillige vor! Rosenbaum hat seine Studie diskret und ohne Zustimmung der Hoteliers durchführen müssen. KEIN Hotel, Altersheim oder Studentenwohnheim gefunden das mutig genug war sich einen Matratzenhygienetest zu unterziehen. Warum wohl?
Seine Studie kommt zu ähnlichen Ergebnissen wie andere Studien. Für den Gast ist es jedenfalls recht schwierig die Matratzenhygiene zu bewerten. Auf jeden Fall gilt. „Lieber auf dem Toilettensitz schlafen!“
Sein Fazit
Die meisten der Betten sind oberflächlich sauber. Der meist ausgelagerte Hotelwäscheservice besticht durch Sauberkeit. Geht man aber in die Tiefe wird es dreckig.
Das Encasing
Das mit Abstand belastendste Teil ist das sog. Encasings.
So wie diese in der Beherbergugnsindustrie eingesetzt werden, dienen die mit Nichten der Hygiene; im Gegenteil. Sie dienen augenscheinlich nur dem Gastgeber zum Schutz seiner Investition vor dem Gast.
Nur eine verschwindende Zahl an Beherbergungsunternehmen behandelt die Encasings korrekt.
Es geht um das richtige Handling, sowie die richtige Pflege. Encasings müssen monatlich abgezogen und gewaschen werden. Doch welche Zimmerperle hat neben der Zeit auch die Kraft die Matratzen monatlich zu bewegen; wenden, drehen und einen Encasing-Wechsel zu vollziehen?
Die Folge; Encasings werden sehr selten bis nie gewaschen. Deshalb sind sie, was die Hygiene betrifft, sogar kontraproduktiv, da sich der Schmutz auf der Oberfläche anreichert. Encasings sind lt. den Messungen von (Jens) Rosenbaum das mit Abstand schmutzigste Teil im Bett mit einem gemessenen Höchstwert von fast 50.000 KbE! (Kolonien bildenden Einheiten)
Aber auch was die Liegequalität betrifft, sind Encasings kontraproduktiv. Die Luftzirkulation ist für ein gutes Schlafklima zentral und reguliert den Feuchtigkeitshaushalt, auch der Matratze. Diese ist je nach Encasingqualität, zum Teil stark beeinträchtigt. Auch die Elastizität wird durch den Einsatz von Encasings stark eingeschränkt. Die Investition in eine Qualitätsmatratze kann man sich mit Einsatz eines Encasings getrost ersparen.
Natürlich gibt es Fälle, wo ohne Encasing nichts mehr geht, aber es sollte uns bewusst sein, dass ein Encasing nur in Ausnahmefällen zum Einsatz kommen sollte.
Es gibt unzählige weitere Studien, die das erhöhte Infektionsrisiko aufgrund kontaminierter Matratzen belegen. Schon 1965 beschrieben Einck-Rosskamp und Reploh als eine der Ersten, dass Krankenhausbetten eine wesentliche und nachweißbare Infektionsquelle darstellen.
Was Steckt da alles drinnen?
Das meiste, was wir nachts absondern, ist flüssig, was nicht gerade wenig ist. In 5 Jahren sind es je nach Person zwischen 900 und 1.200 Liter. Dieser Schweiß dringt tief ins Innere des Matratzenkerns und trocknet. Was bleibt sind Salze, Säuren und viele Nährstoffe für ungeliebte Bettgenossen.
Ein Großteil der restlichen Belastung lässt sich unter dem Titel Hausstaub subsummieren.
Hausstaub/Partikel:
Bis 200g in einer Matratze, im Korngrößenbereich von 1/1000 bis 1/10 mm. Ein Gemisch aus organischen und anorganischen Partikeln, Hautschuppen, ausgeschwitzten Salzen, Milbenkot, Pollen und manch anderem. Staub übernimmt die Trägerfunktion für Milbenkot und Bakterien.
Milben:
Matratzen sind für Hausstaubmilben heute ein ideales Biotop. Bei Wohntemperaturen von 20-28 Grad und einer relativen Luftfeuchtigkeit von 70 – 80 %. Die von Bakterien befallenen Hautschuppen bieten reichlich Nahrung. Die Vermehrung ist zahlreich, natürliche Feinde wie die Raubmilbe sind ausgestorben. In einem Gramm Staub wurden bis zu 2500 Milben gezählt, das entspricht zwei Millionen in einer Doppelmatratze. Dieses riesige Heer produziert entsprechende Mengen Milbenkot. Nach wissenschaftlichen Erkenntnissen: Auslöser von Allergien und deren Folgeerscheinungen, Augenrötungen, Juckreiz. Zusammen mit Staub wird der Milbenkot bei jeder Bewegung aufgewirbelt, die Matratze wirkt dabei wie ein Blasebalg und die Partikel gelangen in Mund, Nase, Augen und legen sich auf die Haut.
Bakterien:
Als einzellige Kleinlebewesen sind manche Bakterienstämme, auch bekannt als Bazillen, Verursacher von Krankheiten und teils sogar gegen Antibiotikaresistent.
Viren:
Diese Gruppen von Mirkroorganismen sind ausnahmslos Auslöser u. a. für fieberhafte Infekte, mit verschiedenen Symptomen. Manche Virusarten sind in den letzten Jahrzehnten wesentlich aggressiver geworden und verbreiten sich zum Teil rasant mit der internationalen Mobilität.
Sporen:
Verbreiten sich in Form von Pilzen. Sie sind Verursacher auch von Hautkrankheiten, insbesondere dem hartnäckigen Hautpilz
Schimmel
Einige Schimmelpilzarten haben für den Menschen besondere Bedeutung als Human-Parasiten und Erreger von Infektionskrankheiten.
Hautschuppen:
Wir verlieren pro Tag bis zu 1,5 g Hautschuppen, pro Jahr über ½ kg! Personen mit Schuppenflechte ein Vielfaches. Ein Großteil verbleibt in der Matratze, wird durch Bakterienbefall ranzig und entwickelt einen unangenehmen tranigen Geruch. Der typische Schlafzimmergeruch!
Flecken:
Blut, Urin, Schweiß, Kaffee- und Kakaoflecken kommen am häufigsten vor.
Hygienestandards bei Matratzen
Hygienestandards im Nicht-Pflegebereich!? Fehlanzeige!
Für alle zentralen Bereiche in der Beherbergungsindustrie sind Grenzwerte definiert. In Nassräumen wie Bad; Toiletten; Spa’s; Küche… Nur im Bereich Matratzenhygiene gibt es schlichtweg keine Grenzwerte! Nicht in der Hotellerie und auch nicht in Betreuungseinrichtungen und Altersheimen.
Nach Angaben der ÖGKH infizieren sich allein in Österreich pro Jahr an die 95.000 Menschen in Gesundheitseinrichtungen mit krankmachenden Keimen. Rund 5.000 Menschen davon versterben. Die Dunkelziffer ist weit höher.
Hygieneplan
Der Boden wird geschrubbt und die Toiletten gewaschen. Doch wer schläft schon gerne auf dem Toilettensitz oder auf dem Boden? Mal ehrlich; wann hatten sie das letzte Mal den Matratzenhygieneplan ihrer Einrichtung in der Hand? Haben sie nicht? Keine Vorschrift, keine Hygieneplanung. Freiwilliges Monitoring ist leider immer noch eher die Ausnahme als die Regel. Genauso wie ein Matratzenhygieneplan in den seltensten Fällen im System hinterlegt ist.
Vorschriften in Bearbeitung
Zwar sind Hygienegrenzwerte im Matratzenbereich nicht in Sicht, doch lässt der Druck, der Seitens der Nachhaltigkeitsthematik kommt, hoffen. Warum? Was hat die Nachhaltigkeit mit der Hygiene zu tun?
ESG (Environmental Social Governance) ist das neue Zauberwort!
Produktpass & Co2 Bilanzen
In den kommenden Jahren erwarten die Beherbergungsindustrie gänzlich neue Vorgaben bzgl. der Co2-effizienz. Proaktive Unternehmen setzen schon jetzt die zu erwartenden Anforderungen, wie Produktpass und Co2-Bilanzen um. Das sollte auch dazu führen, dass sich Beherbergungsgeber mit der optimalen Ressourcennutzung befassen. Billigmatratzen und „Schmeiß ma weg Kauf ma a neue“ Mentalität ist zunehmend, auch bei Ihren Kunden verpönt. Dieses unbedachte Verhalten führt dazu, dass wir in Europa jährlich 40 Millionen Matratzen entsorgen. Diese werden zum Großteil thermisch „verwertet“ und so entsteht allein in Österreich, bei der Verbrennung, eine zusätzliche CO2 Belastung, von fast 70.000 Tonnen. Aber auch unserer Rohstoffreserven werden stark belastet und an sich noch guten Rohstoffe gehen einfach in Rauch auf.
Der Trend geht zu deutlich besserer Matratzenqualität und dafür mehr Servicierung. Die Umsetzung von Nachhaltigkeitserwartungen wird über die Gewinner und Verlierer der Beherbergungsbranche entscheiden.
Innovative und nachhaltige Lösungsansätze
Was kann ich tun, um die Hygiene und die Lebensdauer meiner Matratzen zu optimieren?
Eine konsequente Matratzenhygiene, ist mühsam, aber unerlässlich.
Eine gut servicierte Qualitätsmatratze kann gut und gerne 15 Jahre in der Kiste liegen. Dafür müssen die Matratzen regelmäßig gewendet werden (in alle Richtungen und je nach Aufbau). Eine Moltonauflage als Schutz (günstig und effektiv) und eine regelmäßige Matratzenvollwäsche, Kern & Bezug.
Ja, auch Matratzen können in Spezialanlagen gewaschen werden. Dabei werden die Schaustoffporen von allen, auch den eingetrockneten Partikel, befreit. Die Hygieneuhr ist damit auf neu gestellt und neben der Hygiene ist eine Matratzenkernvollwaschung auch der Elastizität der Matratzen zuträglich. Das Ergebnis ist eine Verlängerung der Lebensdauer um bis zum Dreifachen! Unsere Umwelt und ihre Gäste werden es ihnen danken.
Abschließend möchte ich noch auf die Bedürfnisse von zwei speziellen Gruppen eingehen.
Golden Ager
Matratzenhygiene spielt besonders im Bereich der golden Ager eine entscheidende Rolle. Sie hat einen erheblichen Einfluss auf die Gesundheit und das Wohlbefinden letzterer.
Besonders im Pflegebereich ist Hygiene unerlässlich da gerade bei vulnerable Personengruppen eine erhöhte Infektionsgefahr besteht und diese daher im besonderen Maße geschützt werden müssen. Im Pflegebereich sind Patienten oft geschwächt oder haben ein geschwächtes Immunsystem. Diese Personengruppe zeichnen sich durch höheres Lebensalter; vorhandene Krankheiten; einen schlechter Allgemeinzustand, Multimorbidität, Einseitige Ernährung, sowie Medikamente, die das Immunsystem beeinträchtigen aus.
Allergien und Atemwegserkrankungen:
Eine Folge des gesellschaftlichen Wandels ist das Allergien und Unverträglichkeiten sich in unserer Gesellschaft zu einer echten Volkskrankheit entwickelt haben. Während dieses Krankheitsmuster bis Anfang des 19. Jahrhunderts praktisch unbekannt war, leidet heute fast 37 Prozent aller im Rahmen einer Studie getesteten Österreicher an allergischen Beschwerden – allein seit 2012 bedeutet das eine Zunahme von 13 Prozent. Und die Tendenz ist weiterhin steigend.
Im Bereich der Matratzen haben wir es in diesem Zusammenhang mit der Hausstaubmilbenallergie zu tun. Inzwischen nach dem Heuschnupfen die zweithäufigste Allergieform. Für sensibilisierte Menschen wird so das zu Bett gehen zur Qual. Die Augen tränen und die Nase geht zu. An ein qualitativ hochwertiges Schlaferlebnis ist nicht zu denken.
Fazit:
Die Hygienesituation von Matratzen ist in den meisten Fällen mehr als dürftig. Es ist immer wieder verwunderlich, wie wenig Aufmerksamkeit dem Bett und der Matratze geschenkt wird, wo wir doch etwa ein Drittel unseres Lebens darauf verbringen. Deshalb kann die Wichtigkeit der Matratzenhygiene nicht genug betont werden. Saubere Matratzen tragen maßgeblich zum Wohlbefinden der Schlafenden bei. Verbesserte Hygienestandards können Infektionen signifikant reduzieren und sind zudem aufgrund ihrer Effektivität eine sinnvolle Investition für mehr Sicherheit und geringere Betriebskosten.
Doch dafür müssen Beherbergungsunternehmen bereit sein Ihre Hygienesysteme in diesem Bereich zu überarbeiten und der Matratze endlich die Aufmerksamkeit schenken, die sie verdient.
Na dann; gute Nacht!
Weil jeder guten Schlaf verdient hat. Überzeugen Sie sich selbst. www.matwash.at
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