Vier Träger der mobilen Pflege und Betreuung in Wien, der Arbeiter Samariter Bund Wien, die Caritas der Erzdiözese (ED) Wien, die CS Caritas Socialis und die Volkshilfe Wien haben sich entschlossen, gemeinsam mit Hospiz Österreich und mit weiteren Stakeholdern, wie den Hausärzt*innen, der Wiener Rettung, Notärzt*innen und Polizei, von 2021 – 2023 ein Pilotprojekt zum VSD Vorsorgedialog® zu starten. In Krisensituationen oder am Lebensende sollen Betreuende nach dem Willen und den Wünschen der Klient*innen handeln können. Der VSD ist ein Instrument, das die Kommunikation zu diesen herausfordernden Fragen aufnimmt und fördert.
Es geht immer um heikle Situationen, in denen schnell gehandelt werden muss. Die Betreuenden der mobilen Pflege und Betreuung zu Hause wollen nach dem Willen und den Wünschen ihrer Klient*innen handeln, aber nicht immer ist das möglich, wie folgendes Beispiel zeigt:
Mitarbeiter*innen der mobilen Pflege und Betreuung besuchen Frau M. dreimal pro Woche und unterstützen sie bei Haushaltstätigkeiten. Nach einem Schlaganfall mit einem längeren Krankenhausaufenthalt hat sich ihr Allgemeinzustand so verschlechtert, dass Pflege und Betreuung mehrmals am Tag notwendig werden. Sie hat Angehörige, mit denen sie wenig Kontakt hat. Sie kann nicht mehr selbständig ihre Alltagsgeschäfte – Bank, Ärztin*Arzt, Behörden, erledigen, eine Vertrauensperson hat sie nicht benannt. Es ist nicht klar, ob Frau M. sich bei einer weiteren Verschlechterung eine stationäre Betreuung vorstellen kann bzw. zu Hause mit einer intensiven Pflege und Betreuung bleiben kann und möchte. Sie hat sich bis jetzt nur dazu geäußert, dass sie auf keinen Fall mehr ins Krankenhaus möchte.
Die Mitarbeiter*innen stehen vor der Herausforderung, abzuwägen, was zu tun ist, wenn sich der Zustand von Frau M. weiter verschlechtert und sie nicht ins Krankenhaus mitfahren möchte.
Um in Krisensituationen den Willen der Klient*innen umzusetzen, ist eine gut dokumentierte und von Medizin, Pflege, Klient*in sowie Angehörigen unterschriebene vorausschauende Planung notwendig. Diese liegt vor Ort bei der*dem Klient*in auf, und wird der*dem ‚fremde*n‘ Bereitschafts-/Notärztin*arzt in der Krisensituation vorgelegt.
Ein Instrument, das sich dafür bevorzugt eignet, ist der VSD Vorsorgedialog®, der gemeinsam mit der österreichischen Ärztekammer, der BAG Pflege und vielen weiteren Expert*innen, u.a. aus dem Beirat Hospiz und Palliative Care in der Grundversorgung (1), entwickelt wurde. Der VSD ist mehr ist als ein Erfassungsblatt, in dem manches abgefragt und festgehalten wird. Er ist ein Instrument, das die Kommunikation zu diesen herausfordernden Fragen aufnimmt und fördert. Das bedeutet, dass die Klient*innen über die Erkrankung und wie es ihnen damit geht, über mögliche Krisensituationen, in denen sie eventuell nicht mehr für sich selbst entscheiden können und über die Zeit des Sterbens sprechen dürfen.
Es sind Gespräche, die sich viele Menschen wünschen, aber dafür brauchen sie Betreuende, die sich trauen, solche Gespräche zu führen, und über die nötige Achtsamkeit sowie die fachliche Kompetenz verfügen.
Die Herausforderungen rund um die COVID-19-Pandemie, in der vermehrt Krisensituationen auftreten, zeigen, dass eine vorausschauende Planung, wie sie im VSD Vorsorgedialog® festgehalten wird, notwendig ist, um nach dem Willen und dem Wunsch der Klient*innen handeln zu können, und unnötige, für die Klient*innen sehr belastende Krankenhaustransporte und -aufenthalte, verhindern zu können.
Wir, vier Träger der mobilen Pflege und Betreuung in Wien, der Arbeiter Samariter Bund Wien, die Caritas der ED Wien, die CS Caritas Socialis und die Volkshilfe Wien, haben uns entschlossen, gemeinsam mit Hospiz Österreich und mit weiteren Stakeholdern, wie den Hausärzt*innen, der Wiener Rettung, Notärzt*innen und Polizei, von 2021 – 2023 ein Pilotprojekt zum VSD Vorsorgedialog® zu starten. Bisher gab es nur eine Pilotierung des VSD in Alten- und Pflegeheimen. Univ. Prof. Dr. Ralph Grossmann begleitet das Projekt aus Sicht der Organisationsentwicklung. Die Evaluierung des Projektes wird vom Kompetenzzentrum für Nonprofit Organisationen und Social Entrepreneurship der WU Wien durchgeführt.
Damit ein Träger der mobilen Pflege und Betreuung den VSD Vorsorgedialog® umsetzen kann, müssen folgende Bedingungen erfüllt sein:
Diese Voraussetzungen sind bei den vier Trägern gegeben, denn sie haben von 2015 – 2018 gemeinsam mit Hospiz Österreich Hospizkultur und Palliative Care integriert und führen das Thema seitdem konsequent und nachhaltig fort.
Der VSD Vorsorgedialog® ist ein Gesprächsprozess zwischen Klient*in, Ärztin/Arzt, Pflegende*r, und, falls von Klient*in gewünscht, auch den Angehörigen/Vertrauenspersonen. Das Ziel dabei ist es, einen Raum zu schaffen, in dem Klient*innen über ihre Wünsche und Bedürfnisse zu einem „guten Leben und Sterben“ sprechen können. Hierbei kann es, sofern die*der Klient*in das möchte, auch um konkrete Fragen zur eigenen Einstellung z.B. zur stationären Betreuung, Sondenernährung, Krankenhausaufenthalten und Reanimationswunsch gehen. Durch den Vorsorgedialog können Angehörige/Vertrauenspersonen frühzeitig in das Gespräch miteinbezogen und auf mögliche Situationen bei Verschlechterung des Gesundheitszustandes der begleiteten Person vorbereitet werden.
Der Vorsorgedialog ist im Erwachsenenschutzgesetz als Instrument, das Menschen dabei unterstützt, selbstbestimmte Entscheidungen zu treffen (§ 239 Abs. 2ff., ABGB), verankert. Ebenso ist dieser in den Erläuterungen zur Regierungsvorlage der Novelle zum Patientenverfügungs-Gesetz (S. 3, zu Z 5 § 8 – Voraussetzungen) festgehalten. Der VSD entspricht rechtlich einer anderen Patientenverfügung. Wenn der VSD Vorsorgedialog®-Prozess so umgesetzt wird, wie er vorgesehen ist, dann bietet er Rechtssicherheit für die Betreuenden, und auch nur dann darf er so benannt werden.
Der VSD Vorsorgedialog® ist eine geschützte Marke, der seit 21.02.2017 im Markenregister des Österreichischen Patentamtes registriert ist.
Derzeit gibt es, trotz großer Befürwortung des VSDs durch Entscheidungsträger, noch keine Honorierung für die Pflegepersonen und die Ärzt*innen. Die vier Träger investierten Personal- und Sachkosten, um den VSD in der Organisation innerhalb der Projektzeit umsetzen zu können.
Die meisten Menschen, die in Österreich leben, wünschen sich, zu Hause zu versterben. Im österreichweiten Durchschnitt ist das aber nur bei 26,3% möglich, und diese Zahlen sind seit 1988 nahezu gleichbleibend. Wunsch und Realität liegen hier noch weit auseinander. Träger, die eine gute Hospizkultur mit einer vorausschauenden Planung, wie dem VSD Vorsorgedialog®, leben, handeln im Dienste der schwerkranken und sterbenden Menschen, die zu Hause betreut werden und unterstützen ihre Mitarbeitenden in der Betreuung.
Dr.in Beyer, Sigrid
Bereichsleitung HPC in der Grundversorgung, Hospiz Österreich
Csengel, Susanne, DGKP
Pflegedienstleitung, Caritas der Erzdiözese Wien
Eibl, Maria, BSc MA MBA
Projektkoordination HPC in der Grundversorgung, Hospiz Österreich
Freitag, Hermine, DGKP
Fachbereichsleitung Pflege, Arbeiter Samariterbund Wien
Mag.a (FH) Hintermayer, Christine
Mitarbeiterin CS Caritas Socialis Privatstiftung
Mag. Tobolski, Tomasz
MSc (Palliative Care), Palliativbeauftragter, Volkshilfe Wien
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