Weltweit sind über 463 Millionen Menschen von Diabetes mellitus betroffen. Das Diabetesmanagement bei älteren Menschen ist anspruchsvoll und erfordert eine regelmäßige Evaluation der individuellen Situation, da bei unzureichendem Diabetesmanagement das Risiko an einer Demenz zu erkranken steigt. Eine frühzeitige Diagnose, eine optimale Blutzuckereinstellung, regelmäßige Überwachung und eine koordinierte Versorgung durch ein multidisziplinäres Team sind entscheidend, um die bestmöglichen Ergebnisse für die betroffenen Personen zu erzielen.
Diabetes mellitus ist eine chronische Erkrankung von der weltweit mehr als 463 Millionen Menschen betroffen sind. Alleine in Österreich leben ca. 800.000 erkrankte Personen. Zu dieser alarmierenden Diabetesstatistik kommt eine hohe Dunkelziffer an noch nicht diagnostizierten Betroffenen (ÖDG, 2023). Eine unzureichende Behandlung des Diabetes mellitus bzw. ein unzureichendes Diabetesmanagement kann dazu führen, dass beispielsweise vaskuläre Schädigungen, Stoffwechselveränderungen, Insulinresistenz und andere Risikofaktoren wie Bewegungsmangel oder ungesunde Ernährung die Entwicklung einer demenziellen Erkrankung begünstigen (Taube et al., 2021). Folglich trägt eine optimale Blutzuckereinstellung dazu bei, dass Demenzrisiko zu senken. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass individuelle Behandlungsstrategien des Diabetes mellitus und aktuelle Versorgungsformen an die Bedürfnisse der Patient*innen sowie ihren An- und Zugehörigen angepasst und regelmäßig evaluiert werden. Nur durch eine enge Zusammenarbeit aller Beteiligten kann eine bedürfnisorientierte Betreuung sowie ein erfolgreiches Diabetesmanagement gewährleistet werden (Gleichweit und Rossa, 2009; Taube et al., 2021).
Besondere Herausforderungen im Diabetesmanagement:
Menschen die an Diabetes mellitus erkrankt sind, stehen vor komplexe Selbstmanagementaufgaben, wie z.B. der Überwachung ihres Blutzuckerspiegels, der regelmäßigen Medikamenteneinnahme und der Planung ihrer Mahlzeiten. Wenn zusätzlich Veränderungen im Gedächtnis auftreten, können diese Aufgaben eine Herausforderung im Diabetesmanagement für die Betroffenen und ihre An-/ Zugehörigen darstellen. Bereits leichte kognitive Beeinträchtigungen (LKB), die mit einer Minderung der Merkfähigkeit, der Aufmerksamkeit und/oder Veränderungen im Denkvermögen einhergehen, oder das Vorhandensein einer Demenz, erhöhen das Risiko im Diabetesmanagement, insbesondere bei Therapieumstellung der Patient*innen. In solchen Fällen können die Betroffenen Schwierigkeiten haben, Anweisungen zu verstehen oder sich an Routinen zu erinnern (Riedl, 2009, Taube et al., 2021). Grundsätzlich gilt, dass alle Therapieoptionen für ältere Menschen mit kognitiven Veränderungen in Betracht gezogen werden können. Eine regelmäßige Evaluation der individuellen Situation der Betroffenen unter Berücksichtigung ihrer Ressourcen, aktuellen Lebensumstände sowie des Lebensstils ist ein elementarer Bestandteil einer funktionierenden Diabetestherapie. Insgesamt erfordert das gleichzeitige Vorhandsein von Diabetes mellitus und Demenz eine ganzheitliche Behandlungsstrategie, die die individuellen Bedürfnisse und Herausforderungen der Patient*innen berücksichtigen. Eine frühzeitige Diagnose, regelmäßige Überwachung und eine koordinierte Versorgung durch ein multidisziplinäres Team sind entscheidend, um die bestmöglichen Ergebnisse für die betroffenen Personen zu erzielen (ÖDG, 2023).
Diabetesmanagement bei älteren Menschen:
Das Diabetesmanagement bei älteren Menschen stellt eine komplexe Herausforderung dar, die eine individuelle Herangehensweise erfordert. Mit zunehmendem Alter können kognitive und motorische Einschränkungen sowie Polypharmazie das Management erschweren und das Risiko für Hypoglykämie erhöhen. Ein integrativer Ansatz unter Verwendung geeigneter Hilfsmittel ist entscheidend (Sinclair et al., 2020). Durch eine strukturierte, den Bedürfnissen des alten Menschen angepasste, Therapie und Schulung kann eine signifikante Verbesserung des HbA1 und eine deutliche Senkung von Hypoglykämien um ca. 50% erreicht werden (Huber et al., 2023). Hierfür sind neben geeigneten Hilfsmittel, auch regelmäßige Schulungen der Patient*innen und ihren An-/Zugehörigen mit angepassten Schulungsmaterialien notwendig. Vorzugsweise sollten diese in Kleingruppen oder durch Einzelschulungen durchgeführt werden. Kurze Lektionen, die durch eine Praxisnähe besser verständlich werden sind anzustreben. Zusätzlich empfiehlt es sich, die notwendigen Botschaften möglichst kompakt, mit häufigen Wiederholungen zu vermitteln. Der Einbezug von An-/ Zugehörigen sowie der Einsatz von Hilfsmitteln, wie Brille, Lupe, Hörgeräte… sind wesentliche Erfolgsfaktoren. Ebenfalls ist darauf zu achten, dass die verwendeten technischen Hilfsmittel in ihrer Bedienbarkeit möglichst an die Ressourcen der Patient*innen angepasst werden und ebenfalls eine Alltagstauglichkeit gewährleisten. Die Therapieform sollte so gewählt werden, dass eine Indikation von Insulin nur dann gegeben ist, wenn das Therapieziel durch Ernährung, orale Antidiabetika (OAD) und Glukagon like Peptide (GLP) 1 nicht erreicht werden konnte. Das Insulinregime muss für ältere Menschen möglichst einfach und praktikabel gestaltet werden. Als Einstieg bietet sich die Therapieform einer basal unterstützen oralen Therapie (BOT) an. Durch den Einsatz von langwirksamen Insulinanalogen mit ihren flachen Wirkungskurven kann ebenfalls das Hypoglykämierisiko gesenkt werden, dass gerade beim älteren Menschen ein, zu den bereits beschriebenen Risikofaktoren, zusätzliches Sturzrisiko verhindern kann. Ein weiterer Vorteil der langwirksamen Insulinanalogen ist die 1-mal tägliche Applikation (Krutzler, 2020). Eine geeignete Applikationsform ist die Verwendung von Insulinpens. Insulinpens sind einfach zu handhaben, erfordern weniger Feinmotorik als herkömmliche Insulinspritzen und bieten eine präzise Dosierungsmöglichkeit (Sinclair et al., 2020). Das an die Ressourcen des älteren Menschen angepasste Diabetesmanagement ist nicht nur aufgrund einer Verbesserung der Lebensqualität entscheidend, sondern fördert die Unabhängigkeit und Selbstständigkeit im Alltag. Zusätzlich können dadurch Krankenhausaufenthalte und damit verbunden Kosten vermindert werden (ÖDG, 2023).
Gleichweit, S. & Rossa, M. (2009). Erster Österreichischer Demenzbericht. Teil 1: Analyse zur Versorgungssituation durch das CC Integrierte Versorgung der österreichischen Sozialverischerung (1. Aufl.). Wien: Wiener Gebietskrankenkasse.
Huber, J., Smeikal, M., Saely, C., Stingl, C., Clodi, M., Lechleitner, M. & Fasching, P. (2023). Geriatrische Aspekte bei Diabetes mellitus (Update 2023). Wiener klinische Wochenschrift, 135(1), 307–318. doi: 10.1007/s00508-022-02124-w
Krutzler, B. (2020). Diabetes und Geriatrie – Herausforderung im Alltag. Veröffentlichte Abschlussarbeit Diplomlehrgang Geriatrie. Abgerufen am 02.03.2024 von https://www.arztakademie.at/documents/1032702/2161469/Krutzler_AA_Diabetes+und+Geriatrie+-+Herausforderung+im+Alltag.pdf/b4a758dd-810f-0f90-d55d-4729427c9fe1?t=1695719522120
Österreichische Diabetes Gesellschaft (ÖDG) (2013). Diabetes mellitus – Anleitung für die Praxis (Überarbeitete und erweitere Fassung 2023). Abgerufen am 29.02.2024 von https://www.oedg.at/oedg_leitlinien.html
Riedl, M. (2006). Integratives Pflegekonzept, Band 1: Grundlagen. Norderstedt: Books on Demand.
Sinclair, A. J., Abdelhafiz, A. H. & Rodríguez-Mañas, L. (2020). Frailty and sarcopenia – newly emerging and high impact complications of diabetes. Journal of Diabetes and its Complications, 34(11), 1465-1473. doi: 10.1016/j.jdiacomp.2017.05.003
Taube, A., Shang, Y., Xu, W., Grande, G., Laukka, E., Fratiglioni, L. & Marseglia, A. (2021). The impact of diabetes on cognitive impairment and its progression to dementia. Alzheimer’s & Dementia. The Journal of the Alzheimer’s Association, 1769-1778. doi:10.1002/alz.12482
Pflegeexpertin Senior in der Landesklinik St Veit
Pflegedirektorin-Stellvertreterin Landesklinik St Veit
Email: cl.schwab@salk.at
Pflegeexpertin Senior in der Landesklinik Hallein
Diabetesberaterin
Email: co.haas@salk.at
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