Bezahlte Information
Mayerhofer Wolfgang, Eßl-Maurer Roland
APN- und PFA Implementierung
Qualifikationsmix in der Gerontopsychiatrie im Uniklinikum Salzburg

Die Gesundheits- und Krankenpflege als theoriegeleitete Praxisdisziplin agiert am Uniklinikum Salzburg auf Basis evidenzbasierter Erkenntnisse und Standards. Sie begegnet den sich verändernden Bedürfnissen der Patient*innen und den steigenden Anforderungen an die Qualitätssicherung in der Pflegepraxis durch den Einsatz von Personal mit unterschiedlichen Kompetenzen und Qualifikationen. Der Skill-Grade-Mix bezieht sich auf eine zeitgemäße Verteilung unterschiedlicher Kompetenzniveaus und Qualifikationen unter dem Pflegepersonal einer Gesundheitseinrichtung.

Bezahlte Information

Dabei werden die Aufgaben und Verantwortlichkeiten entsprechend den individuellen Fähigkeiten und Ausbildungsstufen der Pflegekräfte so gestaltet, dass sie die Bedürfnisse der Patient*innen effizient und effektiv erfüllen und eine qualitativ hochwertige Pflege gewährleisten können. Die Strategie der Pflegedirektion des Uniklinikums Salzburg zur Umsetzung eines modernen Skill-Grade-Mixes entspricht dabei weitgehend dem Positionspapier des Deutschen Berufsverbandes für Pflegeberufe (DBfK, 2021). Neben der Einführung und Etablierung der zweijährig examinierten Pflegefachassistenz (PFA) geht es dabei auch um die Ausgestaltung der akademischen Berufsrolle der Gesundheits- und Krankenpflege auf Bachelor- und Masterniveau im klinischen Kontext und den Einsatz von Pflegeexpert*innen APN (Advanced Practice Nurse).

Die Anforderung an eine*n Pflegeexpert*in APN folgt hierbei der gemeinsamen Definition der drei Berufsverbände im deutschsprachigen Raum „[…] eine Pflegefachperson, welche sich Expertenwissen, Fähigkeiten zur Entscheidungsfindung bei komplexen Sachverhalten und klinische Kompetenzen für eine erweiterte pflegerische Praxis angeeignet hat […] Ein Masterabschluss in Pflege (Nursing Science) gilt als Voraussetzung“ (DBfK, ÖGKV & SBK, 2013, S. 2)

Die Rollenentwicklung und Implementierung der APNs am Uniklinikum Salzburg orientiert sich an den zentralen Kriterien und Kernkompetenzen nach Hamric (Hamric et al., 2014) und den Ausführungen im Positionspapier „Advanced Nursing Practice in Österreich“ (Neumann-Ponesch et al., 2014). Sie basiert auf den Prinzipien der partizipativen Aktionsforschung und richtet sich konzeptionell nach dem PEPPA-Framework (Participatory, Evidence-Based, Patient-Focused Process for Advanced Practice Nursing) (Bryant-Lukosius & Dicenso, 2004). Methodisch wird ein personzentrierter Ansatz im Sinne von APN-Einzelrollen mit abteilungsinternen und -übergreifenden Interventionsangeboten zugrunde gelegt. Die APNs sind operativ auf Stationsebene unter fachlicher und disziplinarischer Aufsicht der jeweiligen Pflegedienstleitung eingebunden.

Sie tragen nach den Prinzipien der Shared Governance (Swihart & Porter O’Grady, 2006) eine gemeinsame Führungsverantwortung mit den leitenden Pflegepersonen auf Stationsebene und nehmen die fachliche Führungsaufgabe wahr. So bieten im Uniklinikum Salzburg der Einsatz von „Pflegetandems“ auf Stationsebene und die Umsetzung einer kompetenzorientierten Delegationsmatrix unter Einbeziehung aller Qualifikationsstufen die Grundlage für eine evidenzbasierte pflegerische Versorgung, die sich am individuellen Pflegebedarf der einzelnen Patient*innen orientiert.

Die Umsetzung des Qualifikationsmix an der Gerontopsychiatrie der Universitätsklinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik der Paracelsus Medizinische Privatuniversität (PMU) im Uniklinikum Salzburg orientiert sich am Pflege- und Versorgungsbedarf der Patient*innen und fördert weitergehende Professionalisierung und qualitative Entwicklung. Bei der Implementierung der Rolle Pflegeexpert*in APN sind pflegerisch allgemein-somatisches und speziell psychiatrisches Fachwissen sowie das Erkennen und Verstehen von fachlichen und interdisziplinären Zusammenhängen von zentraler Bedeutung. Das Tätigkeitspektrum einer APN im gerontopsychiatrischen Bereich umfasst alle von Hamric et al. (2014) beschriebenen Kernkompetenzen. Im Rahmen der Kernkompetenz Coaching und Führung führt die APN Personalschulungen in Form von Microtrainings oder Bedside Teaching zu spezifischen sowie allgemeinen, somatischen und gerontopsychiatrischen Pflegethemen durch und schult das Personal zusätzlich in internen Fortbildungen zum Thema personzentrierte Pflege und Kommunikation. Im Kontext der Kernkompetenz Beratung übernimmt die APN in der Gerontopsychiatrie exemplarisch multi- und interdisziplinäre Beratungsfunktionen im Umgang mit Menschen mit einer demenziellen Erkrankung. Sie führt Beratungsgespräche für Patient*innen und/oder Angehörige in Bezug auf verschiedene somatische und psychiatrische Krankheitsbilder und deren pflegerische Schwerpunkte durch.

Darüber hinaus fungiert die APN als Schnittstelle zwischen Pflegepraxis und Pflegewissenschaft und nutzt die im Studium erworbenen wissenschaftlichen und methodischen Kompetenzen für eine evidenzbasierte Tätigkeit. Die APN wirkt bei der Planung von Pflegemaßnahmen mit und führt diese großteils in praktischer Fallarbeit an Patient*innen mit dem gerontopsychiatrischen Personal durch und evaluiert gemeinsam mit dem Team Behandlungsprozesse. In der Gerontopsychiatrie interveniert die APN im Rahmen ihrer Kompetenzen auch in milieutherapeutischen Dimensionen. Die APN leistet einen literaturgestützten Input und Beitrag bei der internen Um- und Neugestaltung der Station und bestimmt im Pflegemilieu die organisatorischen, räumlichen und personellen Aspekte im Kontext der Patient*innenversorgung mit. Ebenso ist die APN multidisziplinär in ethische Entscheidungsfindungen eingebunden, wirkt bei der Qualitäts- und Organisationsentwicklung mit und verbessert gemeinsam mit der leitenden Pflegeperson (LPP) in einer geteilten Führungsverantwortung die Patient*innenversorgung und die Mitarbeiter*innenzufriedenheit. Auch extramural ist die APN im Sinne von Vernetzung und fachlichem Austausch tätig. Beispielhaft sei hier die Vernetzung mit der Patientenanwaltschaft, der Plattform Psychiatrie Salzburg, der Plattform Demenz der Stadt Salzburg und anderen Disziplinen wie der Seniorenberatung der Stadt Salzburg genannt.

Im Rahmen der Shared Governance ergänzt der bzw. die Praxisanleiter*in (PAL) das Leitungsteam und ist für die pädagogische Fachführung der Auszubildenden verantwortlich. Ein Prozessteam, das direkt im Praxisfeld tätig ist, setzt sich aus dem gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege, Pflegeassistent*innen und Auszubildenden zusammen, die je nach Ausbildungsstand eingesetzt werden und einer kompetenzorientierten Delegation folgen.

Eine zentrale Rolle in der Gerontopsychiatrie spielen auch die Pflegefachassistent*innen (PFA). Sie arbeiten nach §83a des Gesundheits- und Krankenpflegegesetzes (RIS, 2023) in eigenverantwortlicher Assistenz direkt an Patient*innen, führen pflegerische Maßnahmen durch und wirken bei diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen mit. Sie unterstützen bei der stationären Aufnahme und Entlassung von Patient*innen und dokumentieren in der elektronischen Pflegeprozessdokumentation. Durch die direkte Arbeit an Patient*innen sind die Beobachtungs- und Kommunikationsfähigkeiten der PFA besonders gefordert.

Darüber hinaus erfüllen PFAs in der Gerontopsychiatrie den gesetzlichen Auftrag (RIS, 2023) zur Mitwirkung in der Ausbildung der Pflegeassistenzberufe. So hat in der Gerontopsychiatrie ein Pflegefachassistent die Praxisanleiterausbildung absolviert und ein weiterer Pflegefachassistent übernimmt die Rolle einer Lehrkraft im Bildungszentrum. Durch einen ausgewogenen Skill- und Grade-Mix auf der Gerontopsychiatrie nutzt das Pflegeprozessteam alle vorhandenen Ressourcen und Qualifikationen, um den Versorgungsprozess der Patient*innen vor dem Hintergrund der personzentrierten Interaktion bestmöglich zu gestalten. Diese Ausgestaltung der Pflegeorganisation gewährleistet eine adäquate Steuerung des Pflegeprozesses.

Diesen Artikel weiterempfehlen.

Literatur

Bryant-Lukosius, D. & Dicenso, A. (2004). A framework for the introduction and evaluation of advanced practice nursing roles. Journal of advanced nursing, 48, 530-540.

DBfK, ÖGKV & SBK (2013). Advanced Nursing Practice in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Abgerufen am 25.01.2023 von https://www.dbfk.de/media/docs/download/DBfK-Positionen/ANP-DBfK-OeGKV-SBK_2013.pdf

Deutscher Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK) (2021). Positionspapier – Skill-Grade-Mix im Krankenhaus. Berlin.

Hamric, A., Hanson, C., Tracy, M.F. & O‘Grady, E. (2014). Advanced Practice Nursing. An Integrative Approach (5. Aufl.). St. Louis: Elsevier Saunders.

Neumann-Ponesch, S. et al. (2014). Advanced Nursing Practice in Österreich. Positionspapier, 2. Aktualisierte Aufl. Wien: Facultas.

Rechtsinformationssystem des Bundes (RIS) (2023). Gesundheits- und Krankenpflegegesetz BGBl. I Nr. 108/1997 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 128/2022. Abgerufen am 15.04.2023 von https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Begut/BEGUT_COO_2026_100_2_1118292/BEGUT_COO_2026_100_2_1118292.pdf

Swihart, D. & Porter-O’Grady, T. (2006). Shared Governance: A Practical Approach to

Reshaping Professional Nursing Practice. Marblehead, MA: HCPro, Inc.

Zur Person

unser infoservice

Wir informieren Sie sehr gern über zukünftige Neuerscheinungen und interessante Artikel. 

Weitere Artikel dieser Ausgabe

Bezahlte Information

pflegenetz.­newsletter

Mit unserem Newsletter informieren wir Sie
1x monatlich über Aktuelles, Neues und Wissenswertes aus dem Gesundheits-, Pflege- und Sozialbereich.

© pflegenetz 2024