Humor ist eine wichtige Quelle von Kraft und Lebensfreude. Humor und Lachen haben viele gesundheitsfördernde Wirkungen. Auch in der Betreuung von Menschen mit Demenz spielt Humor eine wichtige Rolle. Mit Humor lassen sich die Beschäftigungsangebote attraktiv gestalten. Humor hilft auch im Umgang mit herausforderndem Verhalten. Damit die Humorinterventionen gelingen, müssen sich die Betreuungskräfte auf den veränderten Humor ihrer Schützlinge einstellen. Dieser Beitrag bildet den Anfang einer dreiteiligen Artikelserie zum Einsatz von Humor in der Betreuung von Menschen mit Demenz.
Nach einer langen Zeit der Humor-Skepsis haben die Institutionen des Gesundheitssystems sich nach und nach dem Humor geöffnet. Manche Autor*innen sprechen hierbei von einer regelrechten „Humor-Revolution“ (Robinson, 1991). Auch in der Betreuung von Menschen mit Demenz ist Humor wichtig. Bei klinischen Humor-Tests schneiden demenziell erkrankte Personen zwar schlechter ab, als gesunde (Clark et al., 2016). Wortspiele, Ironie und komplizierter Humor werden nicht mehr so gut verstanden. Dies heißt aber nicht, dass man durch die Krankheit den Humor verliert. Demenziell veränderte Menschen sind, wenn man sich auf ihre Bedürfnisse und Fähigkeiten einstellt, durch Humor sehr gut zu erreichen.
Ihren sichtbarsten Ausdruck findet die Humor-Revolution im modernen Gesundheitswesen in der Figur des Klinik-Clowns. Aber auch die regulären Betreuungskräfte setzen in ihrer täglichen Arbeit Humor ein. Ihr Humor ist ein Gebrauchshumor. Er erfüllt wichtige therapeutische Funktionen. Humor dient als Motivations-quelle, als Konfliktregulator, als Mittel des Spannungsabbaus und als soziales Schmiermittel.
Worüber lachen Menschen mit Demenz? Was können die Betreuenden mit Humor bewirken? Und ferner: Worauf ist bei den Humor-Interventionen zu achten? Diesen Fragen soll im Folgen-den nachgegangen werden. Ich stütze mich dabei auf mehrere Quellen. Neben Ergebnissen der Forschungsliteratur habe ich eigene Erfahrungen als Demenzbegleiter in einer großen Pflegeeinrichtung mit einbezogen. Da ich außerdem als Ausbilder für Betreuungskräfte tätig bin, bekomme ich viele Praxisbeispiele erzählt. Auch diese Informationen habe ich verwendet.
Am Anfang meiner Überlegungen steht die Frage, wie die Demenz den Humor verändert. Diesem Problem ist ein Team von Forschenden am University College in London nachgegangen (Clark et al., 2016). Ich gebe die Ergebnisse thesenartig wieder und illustriere sie anhand eigener Beispiele. Die wichtigsten Veränderungen lassen sich in fünf Punkten zusammenfassen:
So weit die wichtigsten Veränderungen im Überblick. Was heißt dies nun für die Praxis? Wichtig ist, dass die Betreuenden ihre Schützlinge so akzeptieren sollten, wie sie sind. Der Humor der Betroffenen sollte, auch wenn er manchmal kindlich, anomal, grob oder befremdlich erscheint, nicht aus einer Defizitperspektive betrachtet werden. Erforderlich ist vielmehr ein ressourcen-orientierter Ansatz. Humor, und zwar auch der veränderte Humor demenziell erkrankter Menschen, hat viele gesunde Anteile. Er hilft den Betroffenen, sich seelisch im Gleichgewicht zu halten.
Werfen wir zum Schluss noch einen Blick auf das Thema des unfreiwilligen Humors. Menschen mit Demenz werden leider nur allzu leicht zur komischen Figur. Beispiel: Eine ältere Dame benutzt die Zahnbürste als Kamm und verteilt die Zahnpasta in ihrem Haar. Oder: Eine Bewohnerin wirft eine Brausetablette, die die Pflegekraft ihr gibt, in ihre Suppe, die daraufhin zu brodeln beginnt.
Manche Autor*innen finden es nicht schlimm, wenn die Betreuungskräfte über solche Fehlleistungen lachen. Dies trage dazu bei, eine heitere Atmosphäre zu erzeugen (Bisaz, 2008). Die meisten Betreuenden sehen dies anders – und dies ist auch gut so. Aus Rücksicht auf die Gefühle der Betroffenen sollte man meines Erachtens alles vermeiden, was von diesen als Spott oder Auslachen empfunden werden könnte. Demenziell veränderte Menschen sind sehr empfänglich für alle Formen von Humor. Ein Lächeln springt schnell über. Gleichzeitig spüren sie es aber genau, wenn über sie gelacht wird. Sie leiden darunter umso mehr, als sie durch die Krankheit meist ohnehin sehr verunsichert sind.
Der Einsatz von Humor in der Betreuung von Menschen mit Demenz erfordert daher viel Fingerspitzengefühl. Wie bei jedem Therapeutikum, so kommt es auch beim Heilmittel Humor darauf an, in welcher Form, in welcher Dosis und zu welchem Zeitpunkt man es verabreicht. In den kommenden Teilen meines Beitrags werde ich die Einsatzmöglichkeiten von Humor noch genauer beleuchten. Die Kunst besteht darin, den Humor genau auf die Vorlieben, die Bedürfnisse und die Verletzbarkeit der Demenz-betroffenen abzustimmen.
Bisaz, J. (2008). Zwischen Tragik und Komik. In I. Bischofberger (Hrsg.), Das kann ja heiter werden. Humor und Lachen in der Pflege. Bern, Huber Verlag, S. 201-214.
Clark, C., Nicholas, J.; Gordon, E.; Golden, H., Cohen, M., Woodward, F., Macpherson, K, Slattery, C., Mummery C., Schott, J. & Warren, J. (2016). Altered Sense of Humor in Dementia. Journal of Alzheimer’s Disease 49(1), S. 111–119.
Robinson, V. (1991). Humour and the Health Professions. The Therapeutic Use of Humour in Health Care. Slack Inc., New Jersey, USA.
Tietjen, B. (2016). Unter Tränen gelacht. Mein Vater, die Demenz und ich. Piper Verlag, München.
Dr. Martin Herberg, Dipl.-Soz.
Soziologe und Pflegewissenschaftler. Neben seiner Tätigkeit als Demenzbegleiter nach § 43 b SGB arbeitet er als Dozent am AWO Bildungscampus Lauenburg
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