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Wolfgang Kuttner
Künstliche Intelligenz in der Pflege

Künstliche Intelligenz (KI) beeinflusst zunehmend die Funktionsweise unserer Gesundheitssysteme sowie die Erwartungen unserer Bürger*innen an diese. Der Einsatz von KI-Technologien zur kosteneffizienteren Bereitstellung von Pflegeleistungen stellt eine Möglichkeit dar, die derzeit belasteten Gesundheitssysteme zu entlasten, insbesondere im Kontext der stattgefundenen COVID-19-Pandemie.

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KI hat das Potenzial, die Qualität der Pflege zu verbessern – sowohl aus der Sicht der Pflegenden als auch der Patient*innen. KI-Werkzeuge könnten es Pflegekräften ermöglichen, Patient*innen in ihrer Planung und Durchführung der Grundversorgung besser zu begleiten, zu unterstützen und zu stärken. In ihrer täglichen Praxis könnten Pflegekräfte von einem uneingeschränkten Zugang zu Gesundheitsinformationen
und -aufzeichnungen profitieren, und dank KI könnten sie auch komplexe Daten leicht analysieren. Gut gestaltete und implementierte KI hat tatsächlich die Kraft, Pflegekräfte an vorderster Front zu unterstützen und ihre Arbeitsbelastung in „automatisierbaren“ Bereichen (z. B. administrative Aufgaben) zu verringern. Dies wiederum würde mehr Zeit für die direkte Patient*innenversorgung und Risikobewertung im Rahmen des Pflegeprozesses bedeuten.

Der Erfolg von KI in Europa hängt jedoch weitgehend von den Endbenutzer*innen ab. Diese werden KI-Tools nur dann verwenden, wenn sie von Anfang an als Co-Designer dieser Technologien einbezogen werden, wenn sie ihnen vertrauen und ihren Mehrwert erkennen. In diesem Kontext sollte Co-Design als ein Prozess verstanden werden, bei dem Endbenutzer*innen (d. h. Pflegekräfte an „vorderster Front“) und die technischen Entwickler*innen, die für die neue KI-Technologie verantwortlich sind, gemeinsam an einem Prozess teilnehmen. Dabei sollte die kontinuierliche und gegenseitige Gabe von Feedback sowie der Austausch von Bedürfnissen, Erwartungen und Gedanken im Vordergrund stehen. Ein solcher Ansatz stellt sicher, dass die von den Techniker*innen entwickelten Ergebnisse und Lieferungen dem Zweck entsprechen und die Bedürfnisse der Pflegekräfte an „vorderster Front“ berücksichtigen. Es ist von größter Bedeutung, dass Pflegekräfte über die erforderlichen Kompetenzen verfügen, um mit KI-Tools umzugehen, und daher mit den notwendigen digitalen Fähigkeiten ausgestattet sind, um die positive Wirkung von KI-Tools zu maximieren. Lebenslanges Lernen mit Fokus auf digitale Kompetenz ist daher unerlässlich.

Vor allem müssen ethische Herausforderungen im Zusammenhang mit dem Einsatz von KI im Gesundheitswesen durch Vertrauensbildung angegangen werden, indem:

  • die Privatsphäre und andere Rechte von Personen, deren Daten in diesen Systemen verwendet oder gespeichert werden, sichergestellt werden;
  • ein ethischer Zugang zu qualitativ hochwertigen und inklusiven Datensätzen gewährleistet wird, die genaue, generalisierbare und unvoreingenommene Ergebnisse produzieren können;
  • eine ethische Implementierung von KI-Tools in allen Arten von Gesundheitseinrichtungen, im Krankenhaus, in der Langzeitpflege etc sowie in der häuslichen Versorgung, sichergestellt wird.
  • Ethische Fragestellungen müssen prozesshaft auf Augenhöhe mit allen relevanten Interessengruppen angegangen werden. Sofern dies ethisch vertretbar ist, hat KI ein starkes Potenzial, eine effektive Veränderung in der Bereitstellung personzentrierter Pflege zu bewirken.

Um die digitalen Kompetenzen des Pflegefachpersonals zu entwickeln, benötigen die Stakeholder ein besseres Verständnis der Lücke bei den digitalen Kompetenzen und der Chancen bei der Reform von Gesundheitssystemen. Es ist notwendig, Lehrpläne zu stärken, insbesondere bei der Aktualisierung von Anhang V der Richtlinie 2013/55/EU des Europäischen Parlaments und des Rates über die Anerkennung von Berufsqualifikationen und der Verordnung (EU) und bei der vollen Nutzung von Programmen für lebenslanges Lernen (Long Life Learning). Darüber hinaus wäre dies eine Möglichkeit sicherzustellen, dass der Pflegeberuf in seinen täglichen Aktivitäten im Einklang mit der Datenschutz-Grundverordnung der EU steht, sowohl in Bezug auf Design als auch auf Voreinstellungen. Die Berufsverbände sowie die EFN (European Federation of Nurses Associations) erkennen die Bedeutung der Verbesserung der digitalen Kompetenzen des Pflegepersonals an, um die derzeit bestehende Kluft zwischen den Trends in der digitalen Technologie und deren effektiver Nutzung für die direkte Patient*innenversorgung zu verringern, insbesondere für Patient*innen mit mehreren chronischen Erkrankungen.

Deshalb ist es ein berufspolitisches Anliegen, dass folgende Punkte berücksichtigt werden:

  • Ermutigung der nationalen und europäischen Gesetzgeber, die Einführung von Gesetzen zu Robotik und künstlicher Intelligenz in Betracht zu ziehen, insbesondere im Bereich der Haftung und Ethik
  • Befürwortung eines kohärenten Ansatzes zur Regulierung auf europäischer Ebene unter vollständiger und transparenter Beteiligung des Pflegeberufs sowie der nationalen Berufsverbände und der EFN
  • Ein umfassender Dialog zwischen allen Branchen und den Berufsverbänden, um Pflegefachkräfte an „vorderster Front“ und ihre politischen Vertreter*innen in der Weiterentwicklung von digitalen Lösungen zu unterstützen
  • Dazu muss auch die Pflegewissenschaft motiviert und finanziert werden, Anstrengungen und Erkenntnisse zusammenzuführen, um politische sowie fachliche Entscheidungen im Bereich Digitalisierung sowie KI zu unterstützen.

Wenn Pflegefachkräfte in der Digitalisierung unterstützt und mit Skills versehen werden, werden somit auch die fachlichen Kernkompetenzen des gesamten Pflegepersonals gestärkt. Dadurch kann eine pflegerische Versorgung der Gesellschaft sowie die Stärkung der Gesundheitskompetenz von Bürger*innen durch den Einsatz von KI gewährleistet und sogar verbessert werden. Denn gut ausgebildete Pflegefachkräfte sind ein essenzieller Baustein in der gesundheitlichen Versorgung der Gesellschaft.

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Zur Person

Wolfgang Kuttner, BScN MSc., DGKP

Fachbereich Pflege, Vorsitzender LV OÖ, Vorstandsmitglied EFN

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