Der Bedarf an Pflege und Betreuung steigt stetig an und zunehmend werden mehr Personen, die diesen Beruf ausüben möchten, händeringend gesucht. Zu Beginn sollten die Zahlen hinsichtlich des Personalmangels in der Pflege, welche des Öfteren in den Medien veröffentlicht werden, aufgezeigt werden. Bis zum Jahr 2030 werden zusätzlich 76 000 Pflegepersonen in ganz Österreich benötigt.
Außerdem geben 65% der Befragten im Pflegesektor an, dass sie es für unwahrscheinlich halten, bis zur Pension den Beruf auszuüben. Momentan arbeiten 127 000 Menschen in der Pflege (Bundesministerium für Soziales, Pflege und Konsumentenschutz, 2019).
Anhand dieser Zahlen ist ersichtlich, dass sich der Pflegepersonalmangel noch weiter verstärken wird. Hinzu kommt die Frage, angesichts dieser Tatsache, wie ein Fehlverhalten sanktioniert wird. (Fehl)verhalten von Mitarbeiter*innen verlangt Konsequenzen. Es schwingt jedoch hin und wieder bei Führungskräften die Angst mit, welche Konsequenzen seitens des/der Mitarbeiter*in daraus resultieren, wenn ein Fehlverhalten beobachtet und angesprochen wird, wie z. B. Krankenstand oder Kündigungen.
Es kommt auf die Kommunikation an, damit diese Vorfälle sich nicht wiederholen. Diese Gespräche müssen gut vorbereitet und strukturiert sein. Das richtige Timing sowie Umstände und Atmosphäre sind dabei von Bedeutung. Wenn ein Fehlverhalten beobachtet wird, muss dieses Thema angesprochen werden, da sonst das Fehlverhalten intensiviert wird und die Qualität dadurch stetig abnimmt. Zudem steigt die Unzufriedenheit bei den anderen Mitarbeiter*innen. Außerdem kann die Kompetenz der Führungskraft in Frage gestellt werden. Aufgrund dieser Tatsachen werden zudem Abstriche hinsichtlich der vermeintlichen Konsequenzen bei Fehlverhalten von Mitarbeiter*innen gemacht und die Personalauswahl ist dahingehend ebenfalls eingeschränkt. Das Fehlverhalten bietet ein breites Repertoire. Dazu zählen das Nichteinhalten bzw. Nichtbeachten der Unternehmensrichtlinien, des Gesetzes, des Leitbildes, sowie der Pflegestandards.
Dies betrifft vor allem die Pflege am Menschen. Hinzu kommt auch diverses Fehlverhalten innerhalb des Teams. Dies können zum Beispiel sein: mangelnde Bereitschaft einzuspringen, sowie mangelnde Unterstützung anderer Kolleg*innen. Des Weiteren zählt zu Fehlverhalten, wenn sich der gesamte Tagesablauf (geplante Pausen, Mittagessen, die Länge der Pausen etc.) an einer Person orientiert bzw. von einigen Personen ignoriert wird. Für den Tagesablauf müssen alle Mitarbeiter*innen involviert werden und es gelten dieselben Vorschriften für alle Pflegepersonen.
Hinzu können Situationen kommen, in denen Pflegepersonen nur das Notwendigste leisten und sobald ihr Dienst vorbei ist, die übriggebliebene Arbeit jemand anderem übergeben. Es wurden diverse Konzepte bzw. Modelle wie z. B. EN ISO 9000, E-Qalin und andere entwickelt, um die Qualität zu steigern. Jetzt stellt sich die Frage, wie qualitativ hochwertige Pflege und Betreuung gewährleistet werden können. Die Pflegequalität wird hinsichtlich der Übereinstimmung zwischen den gesetzten Zielen der Pflege sowie der tatsächlich geleisteten Pflege ermittelt. Fiechter und Meier entwickelten ein Stufenmodell, um die Qualität messen zu können. Die Stufen reichen von Stufe 3 (optimale Pflege) bis zu Stufe 0 (gefährliche Pflege). Bei der optimalen Pflege stehen die individuellen Bedürfnisse des hilfsbedürftigen Menschen im Vordergrund und die bestehenden Ressourcen bzw. Selbstständigkeit werden genützt. Das Modell verläuft abwärts bis zur gefährlichen Pflege. Dabei wird durch Pflegefehler das Wohl des zu pflegenden Menschen gefährdet, zum Beispiel durch das Entstehen eines Dekubitus o. ä (Parsi, 2020).
Aufgrund des Personalmangels werden von Führungskräften bei Fehlverhalten der Mitarbeiter*innen Kompromisse eingegangen, welche nicht förderlich für die Teamkultur als auch für die Qualität sind. Zudem werden Zugeständnisse bei der Anstellung bzw. Entlassung von Mitarbeiter*innen getätigt. In diesem Artikel wird auf die Thematik des zu wählenden Führungsstils sowie auf die klare Kommunikation mit Mitarbeiter*innen eingegangen. Dabei ist darauf zu achten, dass die verbale Kommunikation mit der nonverbalen übereinstimmt und keine widersprüchlichen Signale gesendet werden. Die Sprache kann ohne die Korrelation des nonverbalen Zeichenverhaltens nicht verstanden werden.
Das bedeutet, dass die Körpersprache und die gesprochene Sprache eine Art der Informationsvermittlung darstellen (Hörmann, 1967). Die Kommunikation (verbal und nonverbal) ist Voraussetzung für die Pflege. Ohne der Kommunikation kann zudem keine Beziehung aufgebaut werden (Lind, 2003). Diese ist für Pflegekräfte und pflegebedürftige Menschen sowie für Führungskräfte und Pflegepersonen essenziell. Um einen Zugang zum Gegenüber zu bekommen, investieren Pflegende Zeit in den Beziehungsaufbau. Dabei wird auf der funktionalen Ebene investiert, anlehnend an die pflegerischen Tätigkeiten. Optional wird die Beziehung auf einer menschlich-persönlichen Ebene intensiviert.
Damit eine Beziehung bewusst gestaltet werden kann, ist es unabdingbar, sich die Fähigkeit zur Reflexion und Abgrenzung zu eigen zu machen (Büscher & Hechinger, 2019). Nicht nur die Pflegepersonen müssen zu dem zu pflegenden Menschen eine Beziehung aufbauen, sondern auch die Führungskräfte zu den Mitarbeitenden. Denn es ist unmöglich mit einem/einer Mitarbeiter*in zusammenzuarbeiten ohne die zwischenmenschliche Beziehung zu stärken und sich intensiv dieser Thematik zu widmen. Der Beziehungsaufbau sowie die Beziehungspflege sind ausschlaggebend für eine Vertrauensbasis (Münscher & Hormuth, 2013).
Durch die Wahl des Führungsstils, des Beziehungsaufbaus sowie der Kommunikation werden Mitarbeiter*innen motiviert und in die Umsetzung der Ziele integriert. Weitergehend bedeutet dies eine Steigerung der Pflegequalität.
„Qualität ist kein Zufall, sie ist immer das Ergebnis anstrengenden Denkens“ (Ruskin, o. D.)
„Wer aufhört, besser zu werden, hat aufgehört, gut zu sein“ (Rosenthal, o. D.)
Zunächst wird eine Begriffsbestimmung getätigt. Unter Pflegequalität ist die bestmögliche Annäherung der Ziele und Erwartungen von Patient*innen und Bewohner*innen sowie Mitarbeiter*innen, Angehörigen und der gesamten Organisation zu verstehen. Demnach kann die Pflegequalität als Grad der Übereinstimmung zwischen der Erreichung von diversen Anforderungen und der erbrachten Pflegeleistung verstanden werden. Wenn die tatsächlich erbrachte Pflege „state of the art“ unter der Berücksichtigung individueller Bedürfnisse von pflegebedürftigen Menschen geleistet wird, wird von einer hohen (optimalen) Pflegequalität gesprochen. Hingegen handelt es sich um eine „schlechte“ (gefährliche) Pflegequalität, sobald Diskrepanzen zwischen der tatsächlich erbrachten Pflegeleistung und den Vorgaben sowie der Anforderungen entstehen. Die ISO 9000 wurden entwickelt, um Organisationen jeder Art bei der Implementierung von Qualitätsmanagementsystemen zu unterstützen. Die ISO 9001 beinhaltet eine Anleitung zur Umsetzung und orientiert sich an folgenden Punkten: Kund*innenorientierung, Führung, Einbeziehung der Mitarbeiter*innen, Prozessorientierter Ansatz, Planen Durchführen, Prüfen und Handeln. Bei der Führung ist darauf zu achten, dass ein förderliches Umfeld gestaltet wird sowie, dass einheitliche Zielsetzungen festgelegt werden. Dadurch sollen Mitarbeiter*innen Orientierung erhalten und sich identifizieren können. Zudem sollen Mitarbeiter*innen einbezogen werden hinsichtlich der Prozessentwicklung und -verbesserung. Dabei sollen die Fähigkeiten der Personen genützt werden (Genseberger, 2021).
Damit keine Abstriche bei der Personalauswahl gemacht werden müssen, werden zunächst Vorgehensweisen für den aktiven Verbleib der Mitarbeitenden in einem Dienstverhältnis beleuchtet. Ein Kennzeichen für einen aktiven Verbleib zeigt sich durch das Einbringen und Mitarbeiten der Mitarbeitenden.
Ein zentrales Ziel der Führungskraft ist speziell bei einem Personalmangel die Retention der Mitarbeiter*innen. Cowden, Cummings und Profetto-McGrath kamen zu dem Entschluss, dass die transformationalen Führungspraktiken die Verbleibdauer der Pflegepersonen in der momentanen Position, beeinflussen. Die Konklusion dieser Studie zeigt auf, dass ein positiver Zusammenhang zwischen einer transformationalen Führung, einem unterstützenden Arbeitsumfeld und dem Mitarbeiter*innenverbleib im Unternehmen besteht. Dabei wurde ebenfalls festgestellt, dass die umgesetzten Managementpraktiken maßgeblich am Verbleib des Pflegepersonals beteiligt sind. Dies impliziert für Führungsverantwortliche eine beziehungsorientierte Führung, sowie das Schaffen eines qualitativ hochwertigen Arbeitsumfeldes, um den Verbleib der Mitarbeitenden zu erhöhen- (Cowden et al., 2011).
Wirksame Methoden der Einflussnahme sowie der Motivation werden durch die transformationale Führung genutzt. Das Ziel hierbei ist, dass das Verhalten der Mitarbeitenden geändert wird, um das Zielniveau und die innere Motivation (intrinsisch) zu heben. Geprägt ist dieser Führungsstil durch die Vorbildfunktion der Führungskraft, die Förderung der Stärken von Mitarbeiter*innen, die Anregung zur Eigeninitiative und Selbstständigkeit sowie eine individuelle Problemlösung und die Vermittlung von attraktiven Zielen. Vier Faktoren kennzeichnen die transformationale Führung: 1. Idealized Influence (Charisma), 2. Inspirational Motivation (inspirierende Motivation), 3.Intellectual Stimulation (intellektuelle Stimulierung) und 4. Individualized Consideration (individuelle Wertschätzung) (Bass & Avolio, 1994).
Der transformationale Führungsstil hat ebenfalls Einfluss auf die Führungskraft selbst. Die persönlichen Beziehungen sind sehr gut, die Anfälligkeit für stressbedingte Probleme sinkt, es besteht eine vermehrte Verfügbarkeit über die persönliche Energie und sie beziehen ein höheres Einkommen. Dies steht im Gegensatz zu Führungskräften, welche mit negativen Anreizen leiten (Pelz, 2016).
Die Wahl des Führungsstils hat demnach eine wesentliche Bedeutung hinsichtlich der qualitativen Pflege als auch für die Führungskraft selbst.
Ein weiterer wichtiger Aspekt für den Verbleib von Mitarbeitenden ist die verbale Anerkennung. Anerkennende Worte müssen individuell und an den/die Mitarbeiter*in angepasst ausgesprochen werden. Dies kann jedoch für manche Mitarbeiter*innen in der Gruppe unangenehm sein. Die entgegengebrachte Wertschätzung für die erbrachte Leistung ist zeitnah, emotional, konkret und begründet mitzuteilen.
Natürlich gibt es auch Kritik auszusprechen, jedoch sollte auf das Verhältnis zwischen der verbalen Anerkennung und Kritik geachtet werden. Das Feedback-Gespräch ist nicht als Kritikgespräch zu werten, sondern als Entwicklungsgespräch, welches dem/der Mitarbeiter*in die Möglichkeit gibt, sich selbst weiterzuentwickeln (Lummer, 2014).
Bei der guten Vorbereitung des Gespräches muss abgeklärt werden, ob es sich um ein Konflikt- oder Kritikgespräch handelt, idealerweise wird dies anhand eines Leitfadens durchgeführt. Auf eine rechtzeitige Ankündigung ist zu achten, damit beide Gesprächspartner ausreichend Zeit haben, um sich vorzubereiten. Die Art und Weise, wie das Gespräch geführt wird, ist entscheidend für den Verbleib der Mitarbeitenden. Damit der/die Mitarbeitende Einsicht hinsichtlich der Absicht des Gespräches bekommt, sollte der Hintergrund transparent angesprochen werden. Außerdem ist auf Fairness zu achten. Das Ziel bei einem vermeintlichen Konfliktgespräch ist ein Übereinkommen von beiden Seiten. Hingegen steht ein Fehlverhalten im Mittelpunkt bei einem Kritikgespräch. Hierbei liegt der Fokus auf der gegenseitigen Erkenntnis über den Ursprungs des Verhaltens und weiterführend darauf, dass das Verhalten der Mitarbeitenden hinsichtlich Richtlinien und Normen verändert wird. Bei auftretenden Problemen sollte bewusst die Beziehungsebene gepflegt werden, jedoch sollte die klare Position auf der Sachebene vertreten werden. Eine respektvolle Kommunikation ist dafür die Voraussetzung, außerdem muss das Gespräch auf gleicher Augenhöhe geführt werden (Lummer, 2014).
Im Endeffekt bedeutet dies, dass das „Wie“ der Kommunikation und die Wahl des Führungsstils entscheidend für den Verbleib der Mitarbeitenden sind. Weitergehend bedeutet dies eine höhere Motivation der Mitarbeiter*innen sowie eine Steigerung der Pflegequalität.
Bass, B. M., & Avolio, B. J. (1994). Improving organizational effectiveness through transformational Leadership.Thousand Oaks: Sage Publication.
Bundesministerium für Soziales, Pflege und Konsumentenschutz: Pflegepersonal. (25. November 2019). Abgerufen am 30. 09 2023 von https://www.sozialministerium.at/Themen/Pflege/Pflegepersonal.html
Büscher, A., & Hechinger, M. (10. 06 2021). Beziehungsgestaltung in der ambulanten Pflege : Ergebnisse einer qualitativ-explorativen Studie in: QuPuG : Journal für qualitative Forschung in Pflege- und Gesundheitswissenschaft, S. 82-91.
Cowden, T., Cummings, G., & Profetto-McGrath, J. (2011). Leadership practices and staff nurses‘ intent to stay: a systematic review in: J Nurs Manag. 2011 May;19(4):461-77. Blackwell Publishing Ltd DOI: 10.1111/j.1365-2834.2011.01209.x.
Genseberger, H. (2021). Qualitätssicherung und Qualitätsmanagement in der Pflege in Handbuch für Gesundheitseinrichtigungen: Planung, Organisation, Durchführung und Kontrolle im Pflegemanagement (Register 6) (Bd. 2). Wien: WEKA-Verlag Gesellschaft m.b.H.
Hörmann, H. (1967). Psychologie der Sprache. Berlin-Heidelberg, New-York: Springer-Verlag.
Lind, S. (2003). Demenzkranke Menschen pflegen, Grundlagen, Strategien und Konzepte. Bern: Verlag Hans Huber.
Lummer, C. (2014). 50 Tipps für Führungsverantwortliche bei Personalmangel: Speziell für Führungskräfte, Kompakter und fundierter Ratgeber. Mit sofort umsetzbaren Strategien. Hannover: Schlütersche Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG.
Münscher, R., & Hormuth, J. (2013). Beziehungsaufbau- und pflege: Vertrauensfallen im internationalen Management.Berlin-Heidelberg: Springer-Verlag.
Parsi, P. R. (2020). I Care Pflege, 2. Auflage. Stuttgart, New York: Georg Thieme Verlag. doi:10.1055/b-006-163255
Pelz, W. (2016). Transformationale Führung – Forschungsstand und Umsetzung in der Praxis in: Wirksame und nachhaltige Führungsansätze. Leadership und Angewandte Psychologie. Wiesbaden: Springer Fachmedien DOI 10.1007/978-3-658-11956-0_5 .
Rosenthal, P. Abgerufen am 07. Oktober 2023 von https://www.zitate7.de/21580/Wer-aufhoert-besser-zu-werden-hat.html
Ruskin, J. Abgerufen am 07. Oktober 2023 von https://gutezitate.com/zitat/136013
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