Das Vinzentinum Linz bildet seit dem Jahr 2018 die Pflegefachassistenz (PFA) aus. Die Implementierung dieser Berufsgruppe wurde in Oberösterreich (OÖ) durch eine trägerübergreifende Image- und Infokampagne erleichtert. Das Verhältnis von Bewerber*innen und Absolvent*innen ist grundsätzlich erfreulich, wenn auch ausbaufähig. Didaktische und methodische Herausforderungen zeigen sich in der Erlernung der Handlungskompetenzen für einen Teil der Auszubildenden in Theorie und Praxis. Eigens entwickelte Onboarding-Maßnahmen und spezielle Karrieremöglichkeiten zeigen für Absolvent*innen der PFA am Ordensklinkum Linz eine Willkommenskultur mit interessanten Perspektiven auf.
Mit Inkrafttreten der Novelle des Gesundheits- und Krankenpflegegesetzes (GUKG-Novelle) 2016, wurde unter anderem die Ausbildung für Pflegeberufe neu geregelt. Zu den Gesundheits- und Krankenpflegeberufen zählen seitdem der gehobene Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege, die Pflegefachassistenz (PFA) und die Pflegeassistenz (PA) (GuKG, 1997, §1)). Die zweijährige Ausbildung zur PFA wurde neben der einjährigen Ausbildung zur PA (früher Pflegehilfe) und der dreijährigen Ausbildung zum gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege neu geschaffen. Ein weiterer wesentlicher Reforminhalt war die Ankündigung, dass die Ausbildung zum gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege bis spätestens 1. Jänner 2024 vollständig an die Fachhochschule (FH) zu überführen sei (Gasser & Hausreither, 2017).
Die Verabschiedung der GUKG-Novelle 2016, mit den entsprechend langen Übergangsfristen bzw. das gestufte Inkrafttreten, führte zu dem Umstand, dass sich eine gewisse Intransparenz an Ausbildungsangeboten für Interessent*innen von Pflegeberufen zeigte. Im Jahr 2017 war es bspw. laut Gesundheits- und Krankenpflege (GuK)-Ausbildungsverordnung (AV) und FH-GuK-AV möglich, die Berufsberechtigung zum gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege in der allgemeinen Gesundheits- und Krankenpflege, in der Kinder- und Jugendlichenpflege, in der psychiatrischen Gesundheits- und Krankenpflege sowie über die generalistische Ausbildung durch ein Bachelorstudium der Gesundheits- und Krankenpflege zu erlangen. Ein Jahr später waren die Grundausbildungen in den Settings der Kinder- und Jugendlichenpflege und der psychiatrischen Gesundheits- und Krankenpflege nicht mehr möglich und die Ausbildung zur PFA wurde an einigen Schulen für Gesundheits- und Krankenpflege bereits angeboten (Hausreither & Resetarics, 2016).
Bereits vor der Verabschiedung der GUKG-Novelle 2016 wurde im oberösterreichischen Landtag die strategische Ausrichtung von Ausbildungsangeboten in den verschiedenen Pflegeberufen beschlossen. Konkret haben sich die oberösterreichischen Spitalsträger und die FH für Gesundheitsberufe (FHG) OÖ dazu entschlossen, eine gemeinsame Image- und Infokampagne zur Attraktivierung des Pflegeberufs ins Leben zu rufen. Die Landingpage „weil-du-entscheidest.at“ zeigte Interessent*innen alle Ausbildungseinrichtungen mit den entsprechenden Angeboten der Spitalsträger und der FHG OÖ auf, wodurch Orientierung geschaffen werden konnte (Kepleruniklinikum, 2018). Durch diese gemeinsame Kampagne waren bereits 2018 in OÖ die gesetzlichen Voraussetzungen für das Jahr 2024 gegeben, die die generalistische Ausbildung durch das Bachelorstudium der Gesundheits- und Krankenpflege, die PFA und die PA beinhalteten.
Im Setting der PFA werden Tätigkeitsbereiche laut GuKG angeführt, (z. B. Tätigkeiten im Rahmen der Mitwirkung bei Diagnostik und Therapie) für deren Ausübung (z. B. Legen und Entfernen von transnasalen und transoralen Magensonden) Kompetenzen erlernt werden müssen (Ris, 2022). Bei der Kompetenz steht die Anwendbarkeit von Kenntnissen sowie von Wissen im Vordergrund. Auszubildende sollen während der Ausbildung befähigt werden, komplexe Pflegesituationen (z. B. Mitwirkung beim Pflegeassessment) und Herausforderungen im Pflegealltag (z. B. Patient*in kollabiert auf der Toilette) professionell zu lösen. Diese im internationalen Kontext beschriebene „Practice Readiness“ kann als berufliche Handlungskompetenz bei der PFA verstanden werden (Halbmayr-Kubicsek, 2019).
Pflegepädagog*innen sehen sich am Vinzentinum Linz mit der Herausforderung konfrontiert, dass das vorherrschende Bildungsniveau eine sehr hohe Heterogenität aufweist. Trotz eines standardisierten Aufnahmeverfahrens sind die Niveauunterschiede der Auszubildenden (Sprache, Ausdruck, Leseverständnis, Anwendung von Grundrechnungsarten usw.) gerade am Beginn der Ausbildung so eklatant, dass in regelmäßigen didaktischen Jour fixes besprochen werden muss, welchen zusätzlichen Förderbedarf ein Teil der Auszubildenden erfahren muss, um Lernziele methodisch erreichen zu können. Dieser zusätzliche Aufwand spiegelt sich aber nicht in den dafür vorgesehenen Unterrichtskontingenten wider und muss in einem laut PA-PFA-AV dargestellten, sehr vollen Stundenplan, zusätzlich eingepflegt werden.
Kritisch wird auch die Begleitung, die Betreuung und der Mehrwert der „Schriftlichen Arbeit im Fachbereich“ (SAF) im zweiten Ausbildungsjahr gesehen. Aufgrund eines de facto nicht vorhandenen Vorwissens der Auszubildenden, wie eine Abschlussarbeit zu verfassen ist, werden teilweise ausufernde zeitliche und persönliche Ressourcen der Pflegepädagog*innen in Anspruch genommen.
Die Auszubildenden der PFA werden am Ordensklinikum Linz bereits am Beginn vom zweiten Ausbildungsjahr bewusst als designierte Arbeitskolleg*innen wahrgenommen. In einem eigens dafür entwickelten Programm stellen sich unter anderem mehr als 16 Bereiche bzw. Abteilungen als späterer Arbeitsplatz vor. Die Auszubildenden sollten dadurch ein rundes und stimmiges Bild von der Abteilung bzw. dem Bereich erhalten. Bei Interesse kann unter anderem im Rahmen von einem Wahlpraktikum auf der entsprechenden Station ein Praktikum absolviert werden.
Generell werden die Auszubildenden in der PFA als wesentlicher Teil der „Krankenhauskultur“ gesehen. Kurze TikTok®-Videos aus den Unterrichten, Bildgeschichten von Auslandspraktika auf Instagram® oder auch redaktionelle Beiträge von einzelnen Auszubildenden in unseren Mitarbeiter*innenzeitungen sind Inhalte der Willkommenskultur am Ordensklinikum Linz.
Im Rahmen der Karrieremöglichkeiten für die PFA hat sich das Vinzentinum Linz bereits im Jahr 2019 dazu entschieden, die laut GuKG und der Abteilung Gesundheit OÖ akkreditierten Weiterbildungen Praxisanleitung, gerontologische Pflege, onkologische Pflege und Pflege in der Notaufnahme nicht nur für den gehobenen Dienst der Gesundheits- und Krankenpflege, sondern auch für die PFA anzubieten. Mittlerweile gibt es erste Absolvent*innen der PFA. Die Evaluierungen zeugen von einem Erfolg der berufsgruppenübergreifenden Ausbildung, der einen Mehrwert im Rahmen der Interprofessionalität mit sich bringt.
Zu begrüßen ist auch der Umstand, dass jedes Jahr nach Abschluss der PFA-Ausbildung zwei bis drei Absolvent*innen ihre Karriere an der FHG OÖ im Rahmen vom Bachelorstudium der Gesundheits- und Krankenpflege weiterführen. Ein Vorteil liegt in der Zusammenarbeit mit der FHG OÖ darin, dass für PFA-Bewerber*innen die Zugangsvoraussetzungen Diplom in der Pflegefachassistenz und Englisch-Niveaustufe B2 als relevante einschlägige berufliche Qualifikation für die Bewerbung ausreichend sind. Nach einem erfolgreichen Bewerbungsprozess ist es möglich, direkt in das dritte Semester als Studierende*r einzusteigen. Im Vorfeld müssen lediglich aus dem ersten und Zweiten Semester des FH-Studiums die Lehrveranstaltungen Pflegeprozess und Grundlagen vom wissenschaftlichen Arbeiten absolviert werden.
Gasser, L., Hausreither, M. (2017). Ausbildung in den Pflegeassistenzberufen: Pflegeassistenz und Pflegefachassistenz; Ausbildungspflichtgesetz. Verlag Österreich.
Halbmayr-Kubicsek, U. (2019). Kompetenzentwicklung in der pflegerischen Ausbildung. Österreichische Pflegezeitschrift, 3, 19-22.
Hausreiter, M., Resetarics, P. (2016). GuKG-Novelle 2016. Unveröffentlichtes Handout. Salzburg.
Kepleruniklinikum. (2018). Kampagne für Gesundheits- und Pflegeberufe: „Weil Du entscheidest, was Du bewirkst.“Abgerufen am 07.12.2022 von https://www.kepleruniklinikum.at/%C3%BCber-uns/aktuelles/traegeruebergreifende-kampagne-fuer-gesundheits-und-pflegeberufe/
GuKG (1997): Gesamte Rechtsvorschrift für Gesundheits- und Krankenpflegegesetz. Gesundheits- und Krankenpflegeberufe §1. Abgerufen am 31.01.2023 von https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=10011026
Direktor der Schule für Gesundheits- und Krankenpflege am Ordensklinikum Linz, Barmherzige Schwestern – Vinzentinum, Lehrer für Gesundheitsberufe, Fachpfleger für Intensivpflege
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