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Ulrike Tscherne
Journal Clubs - ein Mehrwert für die Pflegepraxis

Journal Clubs können in der Medizin auf eine lange Tradition zurückblicken. In den letzten Jahrzehnten kommt es auch in der klinischen Pflegepraxis vermehrt zur Anwendung dieses Formats. Durch das Abhalten von Journal Clubs bekommen professionell Pflegende die Möglichkeit ihre Kompetenzen zu erweitern, auf fachlicher als auch auf persönlicher Ebene. Der regelmäßige Austausch mit Expert*innen kann dazu beitragen den Theorie-Praxis Transfer zu verbessern und evidenzbasiertes Wissen zu verankern.

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Die Durchführung von Journal Clubs (JC) hat in der medizinischen Ausbildung eine langjährige Tradition. Seit den 2000er Jahren hat der Einsatz der JC in der Pflegeausbildung Einzug gehalten und etabliert sich seither als Strategie zur Verankerung beziehungsweise Implementierung von Forschungswissen. Neben dem Ausbildungssetting eignet sich das Konzept zur Anwendung in der klinischen Praxis (Johnson, 2016).

Die Weiterentwicklung der klinischen Pflegepraxis ist eine zentrale, gesetzlich verankerte, Aufgabe des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege. Dazu ist es notwendig Forschungswissen in den Pflegealltag zu integrieren und Evidence-based Nursing (EBN) in der Praxis einzubinden. Aufgrund des generierten Wissens können Pflegeempfehlungen abgegeben und evidenzbasierte Interventionen umgesetzt werden (Mattila et al., 2013). Um Forschungsergebnisse in die tägliche Arbeit mit Patient*innen einzubauen ist ein langfristiger, aus mehreren Phasen bestehender Prozess erforderlich. Eine Strategie zur Umsetzung dieser Ziele bietet das Format des Journal Clubs.

Das Konzept bietet Angehörigen der Gesundheits- und Krankenpflege die Möglichkeit, gemeinsam mit Kolleg*innen aktuelle Forschungsergebnisse zu diskutieren und mögliche Handlungsempfehlungen abzuleiten. Weiters impliziert das regelmäßige Zusammentreffen Raum für die Auseinandersetzung mit aktuellen Pflegeproblemen beziehungsweise das Generieren von Lösungsvorschlägen für die Praxis. Die Teilnehmer*innen bekommen die Chance ihr Fachwissen zu erweitern, sich mit Expert*innen fächerübergreifend auszutauschen und die eigene Erfahrung und Expertise einzubringen. Neben der persönlichen Weiterentwicklung für die*den Einzelne*n kommt es zu einer Qualitätssteigerung innerhalb der Institution sowie zu einer positiveren Haltung von Pflegepersonen gegenüber des EBN-Prozesses (Matilla et al., 2013). Der organisatorische Ablauf eines Journal Clubs weist Ähnlichkeiten mit dem didaktischen Konzept des Flipped Classroom auf. Teilnehmende lesen vorab eine Studie um sie im Anschluss gemeinsam mit anderen Expert*innen kritisch zu beurteilen und zu diskutieren. Journal Clubs bieten Platz, um in angenehmer Atmosphäre klinisch relevante Pflegeprobleme zu besprechen. Anstatt nach Evidenz zu suchen, bringen Journal Clubs die Evidenz zu den Pflegepersonen und erleichtern so den Zugang zu aktuellen Forschungsresultaten. Journal Clubs können sowohl face-to-face als auch als online-Format angeboten werden (Johnson, 2016).

Um den Erfolg der Journal Clubs sicherzustellen, werden vorab Ziele definiert. Eines der Hauptziele ist die Erweiterung der eigenen Kenntnisse in Bezug auf Forschung und evidenzbasierte Praxis. Die Teilnehmer*innen werden für den momentanen Forschungsstand der Pflegewissenschaft sensibilisiert und generieren Wissen im Hinblick auf die kritische Beurteilung und Auseinandersetzung mit pflegerelevanter Literatur. Der Austausch mit Expert*innen anderer Fachbereiche sowie die Motivation zur Teilnahme an Praxisprojekten wird gefördert. Die Strategie des Journal Clubs kann den Abgleich und Ausbau von Pflege- und Organisationszielen verbessern (Gardner et al., 2016).

Neben den Chancen für die Pflegepraxis birgt die Umsetzung des Formats auch Herausforderungen. Diese können neben personellen und zeitlichen Ressourcen auch fehlende Fachkenntnisse auf wissenschaftlicher Ebene sein. Von Seiten der Mitarbeiter*innen kann mangelndes Interesse und ein nicht wahrgenommener Nutzen die Durchführung erschweren. Ebenso ist der Einsatz von zu viel Material sowie die Auswahl passender Studien wesentlich für einen erfolgreichen Ablauf. Auch wenig administrative Unterstützung für den Journal Club kann sich negativ auswirken (Johnson, 2016).

Die Planung der Journal Clubs erfordert konsequente Vorbereitung und einen durchdachten organisatorischen Ablauf. Um den Pflegepersonen eine Teilnahme zu ermöglichen ist es wesentlich, dass die Journal Clubs unter Berücksichtigung der Dienstpläne stattfinden. Die Frequenz der Termine wird in der Planungsphase festgelegt, findet der Journal Club zum Beispiel monatlich oder einmal pro Quartal statt. Die zur Verfügung stehende Räumlichkeit sollte eine angenehme Atmosphäre abseits der stressigen Arbeitsumgebung bieten können. Bei der Wahl des Formats ist ein face-to-face Setting der online Variante vorzuziehen. Eine wichtige Rolle spielt auch die Überlegung wer die Teilnehmer*innen sind und für wen eine Teilnahme möglich gemacht wird. Ebenso sollten die verfügbaren Datenbanken bzw. Recherchemöglichkeiten mitbedacht werden. Während des Journal Clubs kann es sinnvoll sein, den Teilnehmer*innen unterschiedliche Rollen zu zuteilen, beispielsweise die Leitung des Journalclubs, eine Person, die den Raum herrichtet und neue Mitglieder einführt, jemand der die Präsentationsaufgaben übernimmt, eine*n Schriftführer*in sowie eine*n Administrator*in. Weitere Aspekte können die Themenwahl, die Ausrichtung des Journal Clubs und mögliche Evaluierungen betreffen (Coghill, 2020).

Aus bereits durchgeführten Journal Clubs haben sich für die Organisation derselben einige Erkenntnisse ergeben. Im Rahmen des Journal Clubs ist es wichtig den unterschiedlichen Ausbildungsstand der Teilnehmenden sowie deren Lernbedürfnisse zu berücksichtigen. Ein Kommittent zur kontinuierlichen Teilnahme erleichtert den Austausch zwischen den Anwesenden und trägt zur Erreichung der Ziele bei. Wichtig für den Erfolg und die Motivation ist die Möglichkeit für die Pflegepersonen, den Journal Club während der Dienstzeit zu besuchen. Dadurch wird die Anwesenheit eher als berufliche Weiterentwicklung wahrgenommen. Die Leiter*innen des Journal Clubs benötigen pädagogische, klinische und wissenschaftliche Kompetenzen. Es braucht Rahmenbedingungen in denen die Teilnehmer*innen die Chance haben die gewonnenen Erkenntnisse und Empfehlungen in der eigenen Praxis umzusetzen (Häggmann-Laitila et al., 2016).

Zusammenfassend fördern Journal Clubs die Einbettung wissenschaftlich klinischer Aktivität in die Praxis. Gleichzeitig wird es Pflegenden ermöglicht ihr Wissen aktuell zu halten und Fortschritte für die Versorgung der Patient*innen zu generieren, indem sie ihren Blickwinkel erweitern und sich an evidenzbasierten Empfehlungen orientieren.

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Literatur

Coghill, J. (2020). Running a successful journal club. Paediatrics and Child Health, 30(2), 84–86. https://doi.org/10.1016/j.paed.2019.11.010

Gardner, K., Kanaskie, M. L., Knehans, A. C., Salisbury, S., Doheny, K. K. & Schirm, V. (2016). Implementing and Sustaining Evidence Based Practice Through a Nursing Journal Club. Applied nursing research : ANR, 31, 139–145. https://doi.org/10.1016/j.apnr.2016.02.001

Häggman-Laitila, A., Mattila, L.-R. & Melender, H.-L. (2016). A Systematic Review of Journal Clubs for Nurses. Worldviews on evidence-based nursing, 13(2), 163–171. https://doi.org/10.1111/wvn.12131

Johnson, J. A. (2016). Reviving the Journal Club as a Nursing Professional Development Strategy. Journal for nurses in professional development, 32(2), 104–106. https://doi.org/10.1097/NND.0000000000000241

Mattila, L.-R., Rekola, L., Koponen, L. & Eriksson, E. (2013). Journal club intervention in promoting evidence-based nursing: perceptions of nursing students. Nurse education in practice, 13(5), 423–428. https://doi.org/10.1016/j.nepr.2013.01.010

Zur Person

Ulrike Tscherne BA, M.Ed.

Ulrike Tscherne ist diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegerin (Schwerpunkt onkologische Pflege) und Pflegepädagogin. Aktuell ist sie als hauptberuflich Lehrende sowie internationale Koordinatorin am Studiengang für Gesundheits- und Krankenpflege an der Fachhochschule Kärnten tätig.

Kontaktdaten: u.tscherne@fh-kaernten.at

Tel.: 0043 664 180 94 39

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