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Michael Aiglesberger
Implementierung der Pflegefachassistenz am Ordensklinikum Linz

Das Vinzentinum Linz bildet seit dem Jahr 2018 die Pflegefachassistenz (PFA) aus. Die Implementierung dieser Berufsgruppe wurde in Oberösterreich (OÖ) durch eine trägerübergreifende Image- und Infokampagne erleichtert. Das Verhältnis von Bewerber*innen und Absolvent*innen ist grundsätzlich erfreulich, wenn auch ausbaufähig. Didaktische und methodische Herausforderungen zeigen sich in der Erlernung der Handlungskompetenzen für einen Teil der Auszubildenden in Theorie und Praxis. Eigens entwickelte Onboarding-Maßnahmen und spezielle Karrieremöglichkeiten zeigen für Absolvent*innen der PFA am Ordensklinkum Linz eine Willkommenskultur mit interessanten Perspektiven auf.

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Mit Inkrafttreten der Novelle des Gesundheits- und Krankenpflegegesetzes (GUKG-Novelle) 2016, wurde unter anderem die Ausbildung für Pflegeberufe neu geregelt. Zu den Gesundheits- und Krankenpflegeberufen zählen seitdem der gehobene Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege, die Pflegefachassistenz (PFA) und die Pflegeassistenz (PA) (GuKG, 1997, §1)). Die zweijährige Ausbildung zur PFA wurde neben der einjährigen Ausbildung zur PA (früher Pflegehilfe) und der dreijährigen Ausbildung zum gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege neu geschaffen. Ein weiterer wesentlicher Reforminhalt war die Ankündigung, dass die Ausbildung zum gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege bis spätestens 1. Jänner 2024 vollständig an die Fachhochschule (FH) zu überführen sei (Gasser & Hausreither, 2017).

Die Verabschiedung der GUKG-Novelle 2016, mit den entsprechend langen Übergangsfristen bzw. das gestufte Inkrafttreten, führte zu dem Umstand, dass sich eine gewisse Intransparenz an Ausbildungsangeboten für Interessent*innen von Pflegeberufen zeigte. Im Jahr 2017 war es bspw. laut Gesundheits- und Krankenpflege (GuK)-Ausbildungsverordnung (AV) und FH-GuK-AV möglich, die Berufsberechtigung zum gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege in der allgemeinen Gesundheits- und Krankenpflege, in der Kinder- und Jugendlichenpflege, in der psychiatrischen Gesundheits- und Krankenpflege sowie über die generalistische Ausbildung durch ein Bachelorstudium der Gesundheits- und Krankenpflege zu erlangen. Ein Jahr später waren die Grundausbildungen in den Settings der Kinder- und Jugendlichenpflege und der psychiatrischen Gesundheits- und Krankenpflege nicht mehr möglich und die Ausbildung zur PFA wurde an einigen Schulen für Gesundheits- und Krankenpflege bereits angeboten (Hausreither & Resetarics, 2016).

Darüber hinaus zeigten sich große Unterschiede in den jeweiligen Bundesländern zu den Ausbildungsangeboten in den Pflegeberufen. Während im Bundesland A die konventionelle Ausbildung der allgemeinen Gesundheits- und Krankenpflege angeboten wurde, zeigte sich im Bundesland B nur noch die Möglichkeit der generalistischen Ausbildung durch ein Bachelorstudium der Gesundheits- und Krankenpflege und im Bundesland C die klassische Grundausbildung, das Bachelorstudium sowie die Ausbildung zur PFA. Für viele Interessent*innen waren die Unterschiede der angebotenen Pflegeberufe schwer zu erkennen. Hinzu gekommen ist, dass der Beruf der PFA, vor allem im Jahr 2018, einen geringen Bekanntheitsgrad aufwies.

Implementierung der PFA am Vinzentinum Linz

Bereits vor der Verabschiedung der GUKG-Novelle 2016 wurde im oberösterreichischen Landtag die strategische Ausrichtung von Ausbildungsangeboten in den verschiedenen Pflegeberufen beschlossen. Konkret haben sich die oberösterreichischen Spitalsträger und die FH für Gesundheitsberufe (FHG) OÖ dazu entschlossen, eine gemeinsame Image- und Infokampagne zur Attraktivierung des Pflegeberufs ins Leben zu rufen. Die Landingpage „weil-du-entscheidest.at“ zeigte Interessent*innen alle Ausbildungseinrichtungen mit den entsprechenden Angeboten der Spitalsträger und der FHG OÖ auf, wodurch Orientierung geschaffen werden konnte (Kepleruniklinikum, 2018). Durch diese gemeinsame Kampagne waren bereits 2018 in OÖ die gesetzlichen Voraussetzungen für das Jahr 2024 gegeben, die die generalistische Ausbildung durch das Bachelorstudium der Gesundheits- und Krankenpflege, die PFA und die PA beinhalteten.

Dieser gemeinsame trägerübergreifende Weg erleichterte die Implementierung der PFA am Vinzentinum Linz. Durch die klare Differenzierung der Ausbildungsangebote mit den jeweiligen Aufnahmevoraussetzungen konnten am Vinzentinum Linz bereits in der Bewerbungsphase im Jahr 2017/2018 für den ersten Kurs der PFA 61 Bewerber*innen verzeichnet werden. Die erfreuliche Bewerber*innenquote durch proaktive Marketingmaßnamen war jedoch nur ein Baustein in der Implementierung. Im Vorfeld konnte auch vertraglich eine enge Kooperation mit einer Implacementstiftung installiert werden. Somit wurden Interessent*innen, die in einem aktiven Arbeitsverhältnis standen oder arbeitssuchend waren und konkrete Fragen zur Finanzierung hatten, direkt an eine definierte Sachbearbeiter*in weitergeleitet. Dadurch unterstützte das Vinzentinum Linz in Bereichen, die nicht primär als Aufgabe einer Ausbildungsstätte zu sehen waren. Dieser Schulterschluss, der neben der Stiftung auch mit den Bezirksabteilungen vom Arbeitsmarktservice durchgeführt wurde, vermittelte den Bewerber*innen einen persönlichen Einsatz der Schule, der positiv konnotiert wurde und die Wertehaltung vom Ordensklinikum widerspiegelte.

Entwicklung der PFA-Jahrgänge

Am Vinzentinum Linz laufen gegenwärtig die Aufnahmeverfahren für den sechsten Kurs der PFA, der im September 2023 starten wird. Die bereits im ersten Kurs angeführten 61 Bewerber*innen konnten im zweiten und dritten Kurs auf 69 sowie im vierten Kurs auf 78 erhöht werden. Im Jahr 2022 zeigte sich für den fünften Kurs ein leichter Rückgang auf 61 Bewerber*innen. Diese Zahlen müssen aber in Relation gesehen werden, da viele der Bewerber*innen die Mindestanforderungen für die PFA nicht erfüllten. Relevant aus Sicht der Schule waren die Starter*innen in den jeweiligen Jahrgängen. Vom ersten bis zum fünften Kurs zeigten sich folgende Auszubildendenzahlen bei den Starter*innen: 31, 26, 22, 32 und 27. Erwähnenswert sind die Drop-Out-Raten, die sich in den bereits abgeschlossenen aber auch noch laufenden Kursen zwischen 19 und 27 % bewegten bzw. bewegen. Anzumerken ist, dass gerade im ersten Ausbildungsjahr die Drop-Out-Raten kursübergreifend sehr hoch sind und die Begleitung dieser Auszubildenden, zum Teil durch mangelnde gesundheitliche Eignung und schwerwiegende Pflichtverletzungen im Rahmen der theoretischen und praktischen Ausbildung, enorme Personal- und Zeitressourcen in Anspruch genommen haben. Im zweiten Ausbildungsjahr zeigte sich diesbezüglich jeweils eine Konsultierung mit vereinzelten Abgängen. Mittlerweile wurden drei Kurse in der PFA erfolgreich abgeschlossen. Die Zahl der Absolvent*innen lag im ersten Kurs bei 25, im zweiten bei 20 und im dritten bei 16 Personen. An dieser Stelle muss erwähnt werden, dass die Gesamtanzahl der Absolvent*innen in den drei Jahrgängen nie unter 22 Personen lag, da die Reduktion der Teilnehmer*innen im ersten Ausbildungsjahr (Drop-Out) durch Auszubildende aufgefüllt wurde, die bereits die Ausbildung zur PA abgeschlossen hatten und sich für das einjährige Upgrade zur PFA entschieden.

Methodische und didaktische Herausforderungen im Kompetenzerwerb der PFA

Im Setting der PFA werden Tätigkeitsbereiche laut GuKG angeführt, (z. B. Tätigkeiten im Rahmen der Mitwirkung bei Diagnostik und Therapie) für deren Ausübung (z. B. Legen und Entfernen von transnasalen und transoralen Magensonden) Kompetenzen erlernt werden müssen (Ris, 2022). Bei der Kompetenz steht die Anwendbarkeit von Kenntnissen sowie von Wissen im Vordergrund. Auszubildende sollen während der Ausbildung befähigt werden, komplexe Pflegesituationen (z. B. Mitwirkung beim Pflegeassessment) und Herausforderungen im Pflegealltag (z. B. Patient*in kollabiert auf der Toilette) professionell zu lösen. Diese im internationalen Kontext beschriebene „Practice Readiness“ kann als berufliche Handlungskompetenz bei der PFA verstanden werden (Halbmayr-Kubicsek, 2019).

Pflegepädagog*innen sehen sich am Vinzentinum Linz mit der Herausforderung konfrontiert, dass das vorherrschende Bildungsniveau eine sehr hohe Heterogenität aufweist. Trotz eines standardisierten Aufnahmeverfahrens sind die Niveauunterschiede der Auszubildenden (Sprache, Ausdruck, Leseverständnis, Anwendung von Grundrechnungsarten usw.) gerade am Beginn der Ausbildung so eklatant, dass in regelmäßigen didaktischen Jour fixes besprochen werden muss, welchen zusätzlichen Förderbedarf ein Teil der Auszubildenden erfahren muss, um Lernziele methodisch erreichen zu können. Dieser zusätzliche Aufwand spiegelt sich aber nicht in den dafür vorgesehenen Unterrichtskontingenten wider und muss in einem laut PA-PFA-AV dargestellten, sehr vollen Stundenplan, zusätzlich eingepflegt werden.

Kritisch wird auch die Begleitung, die Betreuung und der Mehrwert der „Schriftlichen Arbeit im Fachbereich“ (SAF) im zweiten Ausbildungsjahr gesehen. Aufgrund eines de facto nicht vorhandenen Vorwissens der Auszubildenden, wie eine Abschlussarbeit zu verfassen ist, werden teilweise ausufernde zeitliche und persönliche Ressourcen der Pflegepädagog*innen in Anspruch genommen.

Der Lernbereich Training und Transfer (LTT), der aus den Komponenten LTT Schule und LTT Praxis (=Theorie Praxis Transfer [TPT]) besteht, wird aus Sicht vom Vinzentinum Linz als sehr ausbildungsfördernd erlebt bzw. gesehen. Am Vinzentinum Linz besteht seit dem ersten Kurs die Besonderheit, dass die Auszubildenden im TPT-Unterricht ausschließlich von ausgebildeten Praxisanleiter*innen vom Ordensklinikum unterrichtet bzw. angeleitet werden. Diese Gruppe bespricht und reflektiert in regelmäßigen Jour fixes mit Pflegepädagog*innen die zu erreichenden Kompetenzen der Auszubildenden. Dieses besondere Schnittstellenmanagement wird von der Schule, der Praxis wie auch von den Auszubildenden aufgrund der Vernetzung und des Austausches begrüßt, wenngleich auch immer wieder zu vernehmen ist, dass eine Form vom ehemaligen „angeleiteten Unterricht“ für den Austausch zwischen Praxis und Theorie förderlich wäre.

Onboarding und Karriere von Absolvent*innen der PFA am Ordensklinkum Linz

Die Auszubildenden der PFA werden am Ordensklinikum Linz bereits am Beginn vom zweiten Ausbildungsjahr bewusst als designierte Arbeitskolleg*innen wahrgenommen. In einem eigens dafür entwickelten Programm stellen sich unter anderem mehr als 16 Bereiche bzw. Abteilungen als späterer Arbeitsplatz vor. Die Auszubildenden sollten dadurch ein rundes und stimmiges Bild von der Abteilung bzw. dem Bereich erhalten. Bei Interesse kann unter anderem im Rahmen von einem Wahlpraktikum auf der entsprechenden Station ein Praktikum absolviert werden.

Generell werden die Auszubildenden in der PFA als wesentlicher Teil der „Krankenhauskultur“ gesehen. Kurze TikTok®-Videos aus den Unterrichten, Bildgeschichten von Auslandspraktika auf Instagram® oder auch redaktionelle Beiträge von einzelnen Auszubildenden in unseren Mitarbeiter*innenzeitungen sind Inhalte der Willkommenskultur am Ordensklinikum Linz.

Im Rahmen der Karrieremöglichkeiten für die PFA hat sich das Vinzentinum Linz bereits im Jahr 2019 dazu entschieden, die laut GuKG und der Abteilung Gesundheit OÖ akkreditierten Weiterbildungen Praxisanleitung, gerontologische Pflege, onkologische Pflege und Pflege in der Notaufnahme nicht nur für den gehobenen Dienst der Gesundheits- und Krankenpflege, sondern auch für die PFA anzubieten. Mittlerweile gibt es erste Absolvent*innen der PFA. Die Evaluierungen zeugen von einem Erfolg der berufsgruppenübergreifenden Ausbildung, der einen Mehrwert im Rahmen der Interprofessionalität mit sich bringt.

Zu begrüßen ist auch der Umstand, dass jedes Jahr nach Abschluss der PFA-Ausbildung zwei bis drei Absolvent*innen ihre Karriere an der FHG OÖ im Rahmen vom Bachelorstudium der Gesundheits- und Krankenpflege weiterführen. Ein Vorteil liegt in der Zusammenarbeit mit der FHG OÖ darin, dass für PFA-Bewerber*innen die Zugangsvoraussetzungen Diplom in der Pflegefachassistenz und Englisch-Niveaustufe B2 als relevante einschlägige berufliche Qualifikation für die Bewerbung ausreichend sind. Nach einem erfolgreichen Bewerbungsprozess ist es möglich, direkt in das dritte Semester als Studierende*r einzusteigen. Im Vorfeld müssen lediglich aus dem ersten und Zweiten Semester des FH-Studiums die Lehrveranstaltungen Pflegeprozess und Grundlagen vom wissenschaftlichen Arbeiten absolviert werden.

 

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Literatur

Gasser, L., Hausreither, M. (2017). Ausbildung in den Pflegeassistenzberufen: Pflegeassistenz und Pflegefachassistenz; Ausbildungspflichtgesetz. Verlag Österreich.

Halbmayr-Kubicsek, U. (2019). Kompetenzentwicklung in der pflegerischen Ausbildung. Österreichische Pflegezeitschrift, 3, 19-22.

Hausreiter, M., Resetarics, P. (2016). GuKG-Novelle 2016. Unveröffentlichtes Handout. Salzburg.

Kepleruniklinikum. (2018). Kampagne für Gesundheits- und Pflegeberufe: „Weil Du entscheidest, was Du bewirkst.“Abgerufen am 07.12.2022 von https://www.kepleruniklinikum.at/%C3%BCber-uns/aktuelles/traegeruebergreifende-kampagne-fuer-gesundheits-und-pflegeberufe/

GuKG (1997): Gesamte Rechtsvorschrift für Gesundheits- und Krankenpflegegesetz. Gesundheits- und Krankenpflegeberufe §1. Abgerufen am 31.01.2023 von https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=10011026

Zur Person

Mag. Michael Aiglesberger, BScN, MBA

Direktor der Schule für Gesundheits- und Krankenpflege am Ordensklinikum Linz, Barmherzige Schwestern – Vinzentinum, Lehrer für Gesundheitsberufe, Fachpfleger für Intensivpflege

E: michael.aiglesberger@ordensklinikum.at

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