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Zentrale Praxisanleitung - innovative Wege in der Pflegefachkarriere

Aufgrund der fortschreitenden klinischen Aufgabenerweiterungen und Spezialisierungen im Pflegebereich wie auch der immer komplexer werdenden Pflegesituationen benötigen vor allem Berufseinsteiger*innen und Auszubildende eine qualitativ hochwertige Einarbeitung (Lunk, 2019). Strukturierte Onboardingprogramme können als Maßnahmen zur Steigerung der Mitarbeiter*innenmotivation sowie zur Stärkung der Mitarbeiter*innenzufriedenheit eingesetzt werden und sind von enormer Bedeutung bei der Mitarbeiter*innenbindung (Tewes 2014). Durch die Ausbildungsreform in der Pflege wurde es erforderlich, organisationsverankernde Strukturen für Praxisanleiter*innen (PAL) aufzubauen sowie definierte PAL-Koordinator*innen in der Organisation/Pflegedirektion festzulegen, mit dem Ziel einer strukturierten, systematischen fachpraktischen Anleitung.

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Ziel war es, durch eine zentrale Stelle, der sogenannten Zentralen Praxisanleitung (ZPAL), eine strukturierte Wissensvermittlung rund um das Thema Auszubildende, neue Mitarbeitende sowie Pflegende und deren An- und Zugehörige zu bündeln.

Die ZPAL und die Tätigkeiten des Teams rund um diese, bieten neue Wege in der Pflegefachkarriere. Wichtig ist, dass das Pflegemanagement die dafür notwendigen Rahmenbedingungen sichert, eine transparente, beziehungsorientierte und durch Vertrauen geprägte Führung vorlebt und den Prozess der kontinuierlichen Entwicklung begleitet, motiviert und unterstützt.

Wir haben diese Chance genutzt und in den Geriatrischen Gesundheitszentren (GGZ) der Stadt Graz im Jahr 2019 eine neue Stabstelle, die Zentrale Praxisanleitung/ZPAL implementiert. Doch wie ist es dazu gekommen? Werfen wir gemeinsam einen Blick in die Vergangenheit.

Zu Beginn stellten wir uns in einem kleinen Team (Pflegepraxis, Pflegeexpert*innen und Pflegemanagement) im Zuge eines Workshops zentrale Fragen zur Mitarbeiter*innengewinnung und -bindung „Wie können wir potentielle Mitarbeiter*innen (Auszubildende) und neue Mitarbeiter*innen bestmöglich in das Unternehmen integrieren, begleiten und einarbeiten aber auch langfristig im Unternehmen halten? Welche Unterstützung benötigen die jeweiligen Abteilungen, was kann das Management beitragen, welche Rahmenbedingungen müssen dafür vorhanden sein, bzw. welche müssen optimiert werden?“.

Danach erfolgte eine umfassende Literaturrecherche mittels der PRISMA Methode aber auch ein Erfahrungsaustausch mit Klinken aus dem Ausland.

Zentrales Ergebnis der Recherche war, dass vor allem im deutschsprachigen Raum der Begriff „Zentrale Praxisanleitung“/„Zentrale Praxisanleiter“ weit verbreitet ist, jedoch wird dieser Begriff sehr unterschiedlich definiert. Auffallend war, dass in Österreich zu diesem Zeitpunkt der Begriff Zentrale Praxisanleitung im Pflegesetting nicht vorhanden zu sein schien.

Um die Stabstelle, deren Zielsetzung und Tätigkeitsbereich bestmöglich und wissenschaftlich fundiert zu implementieren, verfolgten wird den Plan, die „ZPAL“ in eine Advanced Practice Nurse (APN)-Stelle einzuordnen. Dabei wählten wir das Implementierungsmodell nach PEPPA und erarbeiteten im Team die neun Schritte des PEPPA Framework. Im ersten Schritt wurden die Zielgruppen definiert. Im zweiten Schritt wurden die direkten und zusätzlich betroffenen Stakeholder ermittelt. Zudem fanden erste Workshops mit den direkten Stakeholdern und den zusätzlichen Betroffenen statt, um das Commitment bei allen Stakeholdern zu stärken und den Informationsfluss bestmöglich zu gestalten. Nach den abgehaltenen Workshops konnte eine IST-Erhebung mittels direkter Beobachtung (inkl. halbstandardisierter Fragebögen) in den Bereichen der GGZ durchgeführt werden. Dadurch konnte der dritte Schritt, die Bedarfserhebung, erfolgen. Im vierten Schritt wurden die Ziele und Probleme identifiziert. Vier Monate später erfolgte die Synthese und somit der fünfte Schritt des PEPPA Frameworks. Dabei wurde die Rolle der ZPAL, mit ihren Kompetenzen, Aufgabenbereichen, Verantwortlichkeiten, Befugnissen und Rahmenbedingungen in den GGZ inklusive Ziele, beschrieben. Der Implementierungsplan wurde im sechsten Schritt erarbeitet. Im Zuge dessen wurden die einzelnen Bereiche definiert und das weitere Vorgehen geplant. Wichtig waren dabei das Dokumentenmanagement, die Evaluierungsmethoden und auch die damit resultierenden Barrieren. Im April 2019 erfolgte der siebte Schritt mit der Implementierung der ZPAL. Im achten Schritt fanden die ersten Evaluierungen statt, diese wurden mittels eines halbstandardisierten Fragebogens durchgeführt. Im letzten Schritt des PEPPA Framework findet die nachhaltige Überwachung statt, dabei können sich neue (APN)-Rollen entwickeln.

Wir haben es geschafft, als gesamtes Team, eine neue Fachkarriere im Pflegebereich aufzubauen und diese zusätzlich mit der Rolle einer APN zu versehen. Die ZPAL ist in den GGZ nun eine unabdingbare Stabstelle der Pflegedirektion und wurde mit einer dafür freigestellten Mitarbeiterin der Pflege, mit Masterabschluss und Weiterbildung in der Praxisanleitung, besetzt. In drei verschiedenen Settings wird das theoretische Wissen in die vertiefte und spezialisierte Pflegepraxis, in komplexen Pflegesituationen und Lernsituationen transferiert. Zu diesen Settings zählen die geriatrischen Patient*innen und deren An- und Zugehörige, Auszubildende in der Pflege sowie Mitarbeiter*innen und Berufseinsteiger*innen der Pflege. Im Rahmen von Simulationstrainings im Albert-Schweitzer-Trainingszentrum und „Learning by doing Sessions“ werden Lehrvorträge und Fortbildungen für geriatrische Patient*innen und deren An- und Zugehörige abgehalten. Zusätzlich dient die ZPAL als Ansprechperson für alle Praxisanleiter*innen und Mentor*innen der GGZ und schult diese in den Themenbereichen Didaktische Prinzipien, Anleitungssituationen sowie Feedbackgespräche ein. Weiteres agiert sie als Ansprechperson für Ausbildungsstätten, leitet das Fachteam Praxisanleitung, führt Einzel-/Gruppenanleitungen im Albert-Schweitzer-Trainingszentrum für Auszubildende durch und koordiniert das Fortbildungsmanagement für Mentor*innen/Praxisanleiter*innen. Im Setting Mitarbeiter*innen und Berufseinsteiger*innen in der Pflege arbeitet die ZPAL mit dem neuen Einschulungsinstrument des Mikroschulungssystems. Das Tätigkeitsfeld der ZPAL gewann nicht zuletzt aufgrund der Covid-19-Pandemie immer mehr an Bedeutung und es wurden zusätzliche Tätigkeitsbereiche erforderlich. Folglich wurde dieser Bereich in zwei Tätigkeitsschwerpunkte gegliedert, die „Zentrale Praktikumskoordination“ und die „Zentrale Praxisanleitung“.

Wie uns die Erfahrungen gezeigt haben, ist die Stabstelle „Zentrale Praxisanleitung“ ein unabdingbarer Ankerpunkt und stellt somit die zentrale Verbindung zwischen Pflegepraxis, -management und -wissenschaft dar. Innovation und Veränderungswünsche haben erst dann Wirkung, wenn überholte Paradigmen verlassen und Raum für Neues geschaffen wird. Die besten Theorien und Konzepte nutzen dem Unternehmen nichts, wenn die Persönlichkeiten, die für deren Umsetzung als Voraussetzung gelten, fehlen. Pflegende, die selbstbewusst, mutig und engagiert sind und einen Blick über den Tellerrand wagen, können neue innovative Wege in der Pflegefachkarriere gehen.

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Literatur

Lunk, S. (2019). Praxisanleitung. In Altenpflegeeinrichtungen kompetent ausbilden (4. Aufl.). München: Elsevier.

Tewes, R., & Stockinger, A. (2014). Personalentwicklung in Pflege- und Gesundheitseinrichtungen. Heideberg: Springer.

Zur Person

Eva Maria Unger, BSc MA

Eva Maria Unger hat Gesundheits- und Pflegewissenschaft sowie Gerontologie mit Schwerpunkt soziale Innovation studiert. In den GGZ ist sie als Zentrale Praxisanleitung tätig. Dabei agiert sie als Begleiterin, Lehrerin, Anleiterin und Koordinatorin in den Bereichen neue Mitarbeiter*innen, Auszubildende, zu Pflegende und deren An-und Zugehörigen. Sie ist als zentrales Bindeglied zwischen Pflegemanagement -theorie und -praxis tätig.

Tel: +43664 111 41 44

Eva.unger@outlook.at

 

Lydia Hasenbichler, BSc MSc MA

Lydia Hasenbichler hat Gesundheits- und Pflegewissenschaft sowie Management von Gesundheitsunternehmen studiert. In den GGZ ist sie in der Albert Schweitzer Klinik als Pflegedienstleiterin tätig. Dort ist sie auch für den Aufbau einer kontinuierlichen und systematischen Praxisentwicklung in der Pflege zuständig. In diesem Bereich begleitet und fördert sie selbstorganisierte Teams bestehend aus Spezialist*innen in der Pflege, Advanced Practice Nurses und Pflegewissenschafter*innen.

Tel: +43 316 7060 1203

lydia.hasenbichler@stadt.graz.at

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