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Petra Dachs, Ingrid Spicker
Gemeinsam Gesundheit fördern
Partnerschaftliche Gesundheitsförderung in der mobilen Pflege und Betreuung

Das Projekt „Gemeinsam Gesundheit fördern“ (2021 – 2023) der Volkshilfe Wien hat sich zum Ziel gesetzt, einen neuen Ansatz zur partnerschaftlichen Gesundheitsförderung in der mobilen Pflege und Betreuung zu entwickeln und umzusetzen. Dabei soll die Gesundheit aller Beteiligten gleichermaßen gefördert werden. Das Projekt wird vom Fonds Gesundes Österreich und der Wiener Gesundheitsförderung gefördert, der Arbeitsgemeinschaft Feigl-Kriener-Pichler beraten und von Prospect Unternehmensberatung extern evaluiert.

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Bei der Pflege und Betreuung zuhause handelt es sich um eine Lebens- und Arbeitswelt mit besonderen Herausforderungen – nicht nur in Pandemie-Zeiten. Derzeit finden drei Entwicklungen statt, welche die Notwendigkeit für einen neuen, partnerschaftlichen Ansatz der Gesundheitsförderung untermauern:

  • Die Gruppe der älteren, alten und hochbetagten Personen wächst, ein möglichst langer Verbleib zuhause mit höchstmöglicher Lebensqualität und Selbstständigkeit wird angestrebt. Studien belegen, dass Potenziale für Gesundheitsförderung und Prävention bis ins hohe Alter vorhanden sind.
  • An- und Zugehörige sind zunehmend wichtige Partner*innen in der Pflege und Betreuung zuhause und mit gesundheitlichen Belastungen und steigendem Unterstützungsbedarf konfrontiert. Alle Maßnahmen, sie in ihrer Gesundheitskompetenz zu stärken und als soziales Bezugssystem zu erhalten, sind wesentlich für die Förderung von Wohlbefinden und Alltagsbewältigungsfähigkeit der älteren Menschen.
  • Der Erhalt der Arbeitsfähigkeit und die Gesundheitsförderung der vorwiegend im Außendienst und in Einzelarbeit tätigen Pflege- und Betreuungskräfte ist angesichts der bekannt hohen körperlichen und psychischen Belastungen, des steigenden Bedarfs und des Fachkräftemangels ein wichtiges Anliegen.

In der Volkshilfe Wien sorgen im Bereich Pflege und Betreuung insgesamt rund 700 Heimhelfer*innen, Pflegeassistent*innen und diplomierte Gesundheits- und Krankenpfleger*innen in ihrer täglichen Arbeit für angemessene, würdevolle Lebensqualität für pflege- und betreuungsbedürftige Personen in ihrem Wohnumfeld. Damit werden bereits heute mittelbar Gesundheitsförderungsakzente gesetzt, ohne diese dezidiert so zu benennen. Der Bereich hat eine lange Tradition im betrieblichen Gesundheitsmanagement, zuletzt mit der Einführung von betrieblichem Eingliederungsmanagement. Darauf wird im Projekt aufgebaut und zugleich nach weiteren gesundheitsförderlichen Strategien und Maßnahmen gesucht.

Zielgruppen und Ziele

In der mobilen Pflege und Betreuung wirken pflege- und betreuungsbedürftige Personen, deren An- und Zugehörige sowie professionell tätige Pflege- und Betreuungskräfte intensiv im Sinne einer Koproduktion für Gesundheit und Wohlbefinden zusammen. Die Projektaktivitäten richten sich daher an alle drei genannten Zielgruppen, welche jeweils mehrheitlich Frauen sind.

Allgemeines Ziel des Projekts „Gemeinsam Gesundheit fördern“ ist es, einen praxistauglichen Ansatz zur partnerschaftlichen Gesundheitsförderung in der mobilen Pflege und Betreuung zu entwickeln und umzusetzen. Dabei sollen Möglichkeiten der Gesundheitsförderung für Pflege- und Betreuungsbedürftige, An- und Zugehörige und Pflege- und Betreuungskräfte identifiziert und erprobt werden. Neben der Stärkung von gesundheitsförderlichen Ressourcen und der Reduktion von Belastungen liegt der Schlüssel zum Erfolg in der stärkeren Integration von Gesundheitsförderung in Arbeits- und Dienstleistungsprozesse der mobilen Pflege und Betreuung.

Herangehensweise: Partnerschaftliche Gesundheitsförderung

„Gemeinsam Gesundheit fördern“ verfolgt einen Ansatz der partnerschaftlichen Gesundheitsförderung. Damit ist eine Gesundheitsförderung gemeint, die vor dem Hintergrund der wechselseitigen Abhängigkeiten zwischen Pflege- und Betreuungsbedürftigen, An- und Zugehörigen und Pflege- und Betreuungskräften im gemeinsamen Tun der Beteiligten wirksam wird: Gesundheitsförderung als wechselseitig ausgerichtete Kompetenz für sich selbst und andere. Für das Setting mobile Pflege und Betreuung betritt das Projekt damit absolutes Neuland.

Die Projektumsetzung erfolgt partizipativ, aktivierend und prozesshaft. Sie orientiert sich an den Leitprinzipien der Gesundheitsförderung, wie z. B. Ressourcenorientierung oder Setting- und Determinantenorientierung.

Das Projekt baut auf Erfahrungen aus Gesundheitsförderungsprojekten in stationären Pflege- und Betreuungseinrichtungen auf und adaptiert Vorgehen und Instrumente auf den speziellen Kontext der mobilen Pflege und Betreuung. Von Beginn an werden strategische Partner*innen miteinbezogen und Möglichkeiten zur Verbreitung des partnerschaftlichen Gesundheitsförderungsansatzes diskutiert.

Projektablauf

Das Projekt wurde im Jahr 2020 – bereits unter Pandemie-Bedingungen – geplant und im Jänner 2021 gestartet. Es wird in vier Phasen umgesetzt:

  • IST-Analyse von gesundheitlichen Belastungen und Ressourcen in drei Zielgruppen, umgesetzt von eigens dafür qualifizierten Pflege- und Betreuungskräften; Durchführung einer Zukunftswerkstatt mit internen und externen Expert*innen (März 2021 – Nov. 2021)
  • Partizipative Strategie- und Maßnahmenplanung und Auswahl von Handlungsfeldern für die Umsetzung von gesundheitsfördernden Maßnahmen (Sept. 2021 – Feb. 2022)
  • Pilot-Umsetzung von gesundheitsfördernden Maßnahmen für drei Zielgruppen (März 2022 – Mai 2023)
  • Sicherung von Nachhaltigkeit und Transfer durch die Einbindung relevanter Akteur*innen und Aufbereitung der Projektergebnisse (Okt. 2021 – Mai 2023)

Derzeit befindet sich das Projekt in der Phase der partizipativen Strategie- und Maßnahmenplanung. Auf Basis der Analyse-Ergebnisse werden unter Beteiligung der Zielgruppen – ganz im Sinne einer partnerschaftlichen Gesundheitsförderung – konkrete gesundheitsfördernde Maßnahmen entwickelt und die Umsetzung geplant.

Erste Erfahrungen und Ausblick

Nach einem Jahr Projektlaufzeit können folgende Erfahrungen zusammengefasst werden:

  • Die Ergebnisse der IST-Analyse zeigen, dass es neben den gesundheitsförderlichen Ressourcen, die in allen drei Zielgruppen vorhanden sind, auch deutliche Belastungen gibt, die sich ungünstig auf das gesundheitliche Wohlbefinden auswirken und gerade vor dem Hintergrund der Pandemie wichtige Handlungsfelder für Gesundheitsförderung sind (z. B. soziale Unterstützung).
  • Die Pflege- und Betreuungskräfte sind mit mobilen digitalen Geräten ausgestattet, ein großer Vorteil in der Projektkommunikation. Pandemiebedingt mussten dennoch rasch weitere digitale Kompetenzen aufgebaut werden, um die virtuelle Umsetzung der Partizipationsformate, z. B. Videokonferenzen, realisieren zu können.
  • Die Umsetzung von Maßnahmen der Gesundheitsförderung ist durch die besonderen Rahmenbedingungen in der mobilen Pflege und Betreuung praktisch eine Herausforderung. Für tragfähige Lösungen ist ein guter Abgleich der Projektaktivitäten mit den Erfordernissen des „Tagesgeschäfts“ wichtig.
  • Die Projektumsetzung in Zeiten einer Pandemie erfordert von allen Beteiligten viel Flexibilität, eine zielorientierte Herangehensweise und einen achtsamen Umgang mit Belastungsgrenzen.

 

Die nächsten Schritte im Projekt sind die Festlegung der Umsetzungsschwerpunkte und adäquater Maßnahmen durch die Steuerungsgruppe und die anschließende Erprobung der Gesundheitsförderungsmaßnahmen für die drei Zielgruppen im Pilotgebiet. Die Projekterfahrungen werden in Form eines Abschlussberichts zur Verfügung gestellt.

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Literatur

Haslinger-Baumann, E. & Mayer, H. (2009). Gesundheitsförderung als Aufgabe der professionellen Pflege. In: I. Spicker & G. Lang (Hrsg.), Gesundheitsförderung auf Zeitreise. Wien: facultas.wuv.

Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger (Hrsg.) (2014). Gesundheitsförderung im Setting SeniorInnenwohnhaus praktisch umsetzen. Projekthandbuch.

Horn, A. & Schaeffer, D. (2013). Gesundheitsförderung und Prävention von Pflegebedürftigkeit. In: Pflege & Gesellschaft 1/2013, 18. Jahrgang 1, S. 34-49.

Zur Person

Petra Dachs, Mag.a

Sozial- und Kulturanthropologin, Diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegerin, Lehrerin für Gesundheits- und Krankenpflege; Innovation und Projektmanagement in der Volkshilfe Wien

Ingrid Spicker, Mag.a

Soziologin, Organisationsentwicklungs-Beraterin und Coach, Trainerin, Diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegerin, Buchautorin und -herausgeberin; Human Resources in der Volkshilfe Wien

Kontakt

Mag.a Petra Dachs (Projektleitung)

Volkshilfe Wien gemeinnützige Betriebs-GmbH

Tel.: +43 676 8784 4931

E-Mail: petra.dachs@volkshilfe-wien.at

Website: https://www.volkshilfe-wien.at/pflege-und-betreuung/gemeinsam-gesundheit-foerdern/

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