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Katharina Gitschthaler
Erfahrungsbericht:
Ausbildung & Integration der Berufsgruppe Fachsozialbetreuer*innen Altenarbeit in der stationären Langzeitpflege-Caritas Wien

Die stationäre Langzeitpflege der Caritas Pflege Wien hat es sich zum Ziel gesetzt, die Berufsgruppe Fachsozialbetreuer*innen Altenarbeit (FSBA) schrittweise in die bestehenden Personalstrukturen zu integrieren. Kombinierte Praktika von Pflege und Sozialbetreuung tragen wesentlich zur gelingenden Integration bei. In Zusammenarbeit mit den Ausbildungsstandorten Caritas Ausbildungszentrum (ABZ) Seegasse und der Wiener Schule für Sozialberufe (WISOZ) konnten erste Erfahrungen gesammelt werden.

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Die Frage nach dem Warum?

Die Nachfrage nach qualifizierter Pflege und Betreuung ist in den nächsten Jahren im Steigen begriffen. (1) Unser Ziel ist es, eine Gesellschaft mitzugestalten, die es älteren, pflegebedürftigen Menschen (jede*r darf sich angesprochen fühlen) ermöglicht, den letzten Lebensabschnitt zu genießen, und keine Furcht davor haben zu müssen, alt und (pflege-) bedürftig zu werden.
Der letzte Lebensabschnitt lässt uns besonders spüren, wie sehr wir Menschen voneinander abhängig sind. Grundlegende Bedürfnisse, wie Respekt, Würde, in unserer Identität ganzheitlich wahrgenommen zu werden und das Bedürfnis nach Selbstbestimmung, begleiten uns lebenslang. Wir wollen in jedem Alter gesehen, geachtet und verstanden werden. Besonders dann, wenn wir durch Krankheit und Alter Einschränkungen erfahren. Eine wichtige Rolle spielt dabei das soziale Leben, der Austausch mit einem Gegenüber.

Dafür brauchen wir in der Pflege eine erweiterte Perspektive, die neben funktionaler Pflege noch mehr Raum lässt, Pflege und Betreuung integrativ ausüben zu können. Wir brauchen geschulte Augen und Ohren, Hände, Füße, Herz und Hirn, die uns dabei unterstützen und begleiten, lebenswert alt zu werden. Genauso braucht es ausreichend Personal, seitens der Politik und Arbeitgeber*innen geschaffene Rahmenbedingungen und Strukturen, die die Kombination von Pflege und Betreuung sinnvoll ermöglichen.

In den acht Caritas Pflegewohnhäusern Wien liegt die durchschnittliche Pflegestufe bei 4,5-5. Das heißt, es braucht Pflege- und Betreuungsangebote für Menschen, die einen höheren Pflegebedarf haben. Dabei geht es nicht ausschließlich um Animationsrunden und Aktivitäten zu bestimmten Zeiten. Vielmehr geht es darum, die Qualitäten der Sozialbetreuung in die laufende Kommunikation und Pflegehandlungen, die einen Großteil bei höheren Pflegestufen ausmachen, einfließen zu lassen.

Die zweijährige Ausbildung zur*zum FSBA schult genau dafür erforderliche Qualitäten und Kompetenzen. Die Absolvent*innen schließen mit den Qualifikationen Pflegeassistenz und Fachsozialbetreuung Altenarbeit ab. Das Wissen um die Physis wird durch den Aspekt der Betreuung, der notwendigen Haltung dafür und dem ganzheitlichen Blickwinkel ergänzt.

„Ältere Menschen brauchen die Möglichkeit, ihrer Geschwindigkeit zu folgen“, sagt Fr. O. eine Absolventin des Caritas ABZ Seegasse. „Solange der Fokus auf der funktionalen Pflege liegt, der Tagesablauf starren Abläufen folgt, haben ältere Menschen gar nicht die Möglichkeit dazu, individuell, selbstbestimmt und würdig leben zu können. Es gibt Langschläfer, Menschen, die lieber am Abend als in der Früh duschen. All das sollte möglich sein und erfordert ein Umdenken in den Tagesabläufen. Menschen haben so viele Nöte, es sollte nicht nur die Oberfläche geputzt werden, sondern der Mensch als Ganzes beachtet, betreut und gepflegt werden. Die Ausbildung war sehr wertvoll, weil sie mir genau diese Grundhaltung und das Wissen dazu vermittelt hat – Es ist mir ein Anliegen, dass Pflege- und Betreuungspersonen verinnerlichen, dass die Menschen auf den ‚Stationen‘ zu Hause sind, es ist ihr letztes zu Hause“.

Aus der Perspektive von Mitarbeiter*innen (MA) beschreibt Fr. O. den Zugewinn mit diesen Worten: „Alle haben ein stressfreieres Leben, Bewohner*innen, Pflegepersonen, Angehörige, wenn die Kombination von Pflege und Betreuung besser gelingt. Das zeigt sich dadurch, dass Bewohner*innen ruhiger sind, keine Langeweile aufkommt, vieles lockerer und freudvoller ist. Die starren Pläne, die den Tagesablauf bestimmen, setzen Pflegepersonen und Bewohner*innen unter Druck; sie helfen niemanden und führen zu Stress.“

Die Frage nach dem Wie?

Die zentrale Frage lautet, was nötig ist, um das Ziel zu erreichen, die Berufsgruppe in das bestehende Setting zu integrieren? Nachfolgend werden bisher gesetzte Maßnahmen und Ereignisse der Caritas Pflege Wien beschrieben.

Ausbildung & Einstellungszusage

Das Caritas ABZ Seegasse und der WISOZ bilden in Summe ca. 50 FSBA pro Jahr aus. Die Auszubildenden erhalten mit Ausbildungsstart eine Einstellungszusage für die Caritas Pflegewohnhäuser Wien. Alle FSBA-Praktikant*innen werden durch die gesamte Ausbildungszeit in sechs verschiedenen Pflegewohnhäusern der Caritas begleitet.

Austausch Ausbildungsstandort und Caritas als Praxisort

In regelmäßigen Austauschtreffen mit einem Vertreter aller Haus- und Pflegedienstleitungen, der zentralen Pflegedienstleitung und den Führungs-/Lehrkräften der Ausbildungsstandorte, wird an der gemeinsamen Zielvorstellung gearbeitet.

Informationsveranstaltung für Mitarbeiter*innen

Um bestehende MA, Führungskräfte und Praktikumsanleiter*innen (PAL) über das kombinierte Praktikum und die Zielvorstellungen zu informieren, fand eine virtuelle Auftaktveranstaltung statt.

Aufschulungen

Bestehende MA haben die Möglichkeit, sich an den genannten Standorten zur FSBA aufschulen zu lassen. Diese Möglichkeit wird von Pflegeassistent*innen gerne wahrgenommen.

Pflegewohnhausinterne Praktikumsagenden

Die Qualität der Praktikumsanleitung wird u.a. durch die Darstellung der Lernangebote und Lernzielwochenpläne für die Auszubildenden bestimmt. Dazu braucht es die interne Koordination und Organisation des Praktikums in Abstimmung mit den Pflegepersonen und bestehenden Fach-/Sozialbetreuer*innen sowie regelmäßige hausinterne Austauschformate der PAL.

Feedback mit Auszubildenden

  • Feedback-Cafè mit Auszubildenden Erfolge und Verbesserungsvorschläge werden mit Auszubildenden und Ansprechpersonen des Pflegewohnhauses im Rahmen von Feedback-Cafès thematisiert.
  • Nach Abschluss der erfolgten Praktika erhalten die Auszubildenden einen standardisierten Feedbackbogen.

Konzept zur Implementierung der Berufsgruppe FSBA

Die Fachstelle Qualität und Innovation (Q&I) ist damit beauftragt, ein Konzept zur Implementierung der Berufsgruppe FSBA zu erstellen. Es klärt notwendige Rahmenbedingungen, wie z.B. Dienstplangestaltung, Aufgabenverteilung, Pflege- und Betreuungsdokumentation, Funktionsbeschreibung, Personalbedarfsprognose etc.

Reflexion der erfolgten Kombinationspraktika aus unterschiedlichen Perspektiven

MA der Fachstelle Q&I haben mit den PAL und Wohnbereichsleiter*innen der sechs Pflegewohnhäuser leitfadengestützte Interviews zu den bereits erfolgten Praktika geführt. Die Auswertung dieser und der Praktikant*innen-Feedbackbögen hat zur anschließenden Reflexion und weiteren Maßnahmen in der Organisation beigetragen.

Resümee

Die ersten Ergebnisse zeigen, dass der Informationsbedarf bei bestehenden MA und Praktikant*innen bezüglich der konkreten praktischen Umsetzung des FSBA-Konzeptes nach wie vor sehr hoch ist. MA und Auszubildende leisten hier Pionierarbeit. Praktikant*innen gaben ein positives Feedback bzgl. der Praktikumsorganisation & ihren Praktikums-Ansprechpersonen. Dass die Berufsgruppe FSBA noch nicht flächendeckend eingesetzt ist, bietet einerseits die Chance für Praktikant*innen und zukünftige MA, die angestrebte Zukunft mitzugestalten, andererseits bieten sich viele Herausforderungen in der praktischen Umsetzung. Die Überzeugung, dass die Berufsgruppe FSBA richtungsweisend für die stationäre Langzeitpflege ist, motiviert alle Akteur*innen, das gesetzte Ziel zu erreichen.

 

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Fußnoten

  1. Bundesministerium für Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz (BMASGK). Pflegepersonal-Bedarfsprognose für Österreich. (2019) Abgerufen am 01.09.2021 von https://broschuerenservice.sozialministerium.at/Home/Download?publicationId=722

Literatur

Bundesministerium für Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz (BMASGK). Pflegepersonal-Bedarfsprognose für Österreich. (2019). Abgerufen am 01.09.2021 von https://broschuerenservice.sozialministerium.at/Home/Download?publicationId=722

Zur Person

Mag.a Katharina Gitschthaler
Derzeitige Funktion: Projekt-/Qualitätsmanagerin der Fachstelle Qualität und Innovation, Caritas Pflege, Caritas der Erzdiözese Wien.
2012, Weiterbildung Praxisanleiterin §64 GuKG, Rudolfinerhaus Wien
2011 Studium der Pflegewissenschaften an der Universität Wien
2004 Schule für Gesundheits- und Krankenpflege am Wilhelminenspital, 1160 Wien

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