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Stefan Tautz
Die Pflegefachassistenz in der mobilen Hauskrankenpflege - Chancen und Grenzen

Mit einem Marktanteil von weit über 50 Prozent stellt das Hilfswerk Salzburg den größten Anbieter in der mobilen Hauskrankenpflege und Betreuung dar. Bereits mit Beginn der gesetzlichen Normierung der Berufsgruppe der Pflegefachassistenz (PFA) im Jahr 2016 konnte in Salzburg mit den ersten Weichenstellungen für die PFA-Ausbildung begonnen werden. Das lag insbesondere darin begründet, da die FH Salzburg als eine der ersten Hochschulen in Österreich das Gesundheits- und Krankenpflegestudium tatsächlich auf der Sekundarebene etablieren konnte. Inzwischen werden im Bundesland jährlich über 230 Ausbildungsplätze für PFA angeboten. Mit ca. 100 Absolvent*innen ist Salzburg Spitzenreiter in der PFA-Ausbildung im Bundesvergleich. Das ist ein wichtiges Resultat, welches als wesentliche Forderung der Trägerorganisationen aus den Arbeitsgruppen der Pflegeplattformen I und II umgesetzt worden ist.

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Die Initiative des Bundesministeriums die PFA als neue Berufsgruppe vor allem im akutstationären Setting zu implementieren, konnte aufgrund der Novelle 2016 und den damit gesetzlich verankerten Kompetenzen und des Tätigkeitsprofils nachvollzogen werden.

Inzwischen werden über 1000 neue PFA pro Jahr im Gesundheitsberuferegister (GBR) registriert (Tendenz steigend, siehe Tabelle1) und stehen somit dem Arbeitsmarkt grundsätzlich zur Verfügung.

 

Tabelle 1: PFA – in Österreich registriert (Daten: GBR-Berichte bis 2022) * Stand 18.7.23

Im aktuell veröffentlichten GBR-Bericht ist der überwiegende Anteil der PFA nach Einsatzbereichen in den Krankenanstalten (63 %) angestellt. Die mobilen Dienste liegen in dieser Auswertung bei gerade einmal fünf %.

Auch das Hilfswerk Salzburg konnte die Anzahl der PFA langsam, aber stetig steigern, sodass aktuell 17 Pflegefachassistent*innen in der mobilen Hauskrankenpflege tätig sind. Das entspricht einem Mitarbeiter*innenanteil im Pflegebereich von 5,6 % und liegt somit deutlich über dem Bundesdurchschnitt von 1,1 %.

Wie schon mehrfach postuliert sind Pflegefachassistent*innen in der mobilen Hauskrankenpflege prädestiniert zusätzliche Aufgaben zu übernehmen und sukzessiv den gehobenen Dienst in Teilbereichenzu ersetzen. Die PFA-Absolvent*innen verfügen inzwischen über eine methodisch weiterentwickelte, hochwertige Ausbildung. Dies ergibt sich nicht nur aus dem theoretischen Stundenkontingent, sondern auch durch die Weiterentwicklung des Curriculums. Die nachvollziehbare aber gesetzlich eingeschränkte fachliche Entscheidungskompetenz kann in der Langzeitpflege mit einer korrekten und stimmigen Pflege- und Interventionsplanung kompensiert werden. Dafür müssen allerdings von Seiten der Arbeitgeber*innen entsprechende Voraussetzungen geschaffen werden. Ein wesentlicher Punkt ist die Möglichkeit der Anpassung der Gehaltschematas bzw. die Berücksichtigung in den jeweiligen Kollektivverträgen. Das heißt, die PFA muss als eigenständige Berufsgruppe (zwischen DGKP und PA) abgebildet werden. Damit die PFA gut in Unternehmen integriert werden können, bedarf es aber einer Vielzahl weiterer Anstrengungen. Neben der grundsätzlichen Entscheidung PFA zu integrieren, ist ein wesentlicher Aspekt die Entwicklung eines internen Bildungsprogramms und eines Fachkarrieremodells, in dem die PFA eine entsprechende Berücksichtigung finden. Diese Perspektiven sind essenziell und werden im Hilfswerk Salzburg erfolgreich umgesetzt. Ein häufig nachgefragtes Spezialgebiet ist das Wundmanagement. In einem 3-tägigen Basis- und Aufbaukurs werden vertiefende Grundlagen geschult, die bei Versorgungen von chronischen Wundem einen enormen qualitativen Zugewinn für diese Berufsgruppe bieten. Des Weiteren bietet das Hilfswerk Salzburg kompakte interne Praxisanleiter*innen- Kurse an, in denen PFA auf ihre Tätigkeit als Praxisanleiter*in speziell vorbereitet werden. Derzeit wird ein spezieller Praxisanleitung-Kurs für die Langzeitpflege nach § 64 GuKG entwickelt, auch vor dem Hintergrund langfristig PFA’s für diesen Kurs zu berücksichtigen. Die Erfahrungen bestätigen, dass in der Anleitung von Praktikant*innen sehr gute Ergebnisse erzielt werden können. Ein zusätzlicher wichtiger Baustein sind die regelmäßig stattfindenden Vernetzungstreffen im Hilfswerk Salzburg, in der die jeweiligen Berufserfahrungen in der Hauskrankenpflege ausgetauscht und die Umsetzungsmöglichkeiten der speziellen Kompetenzbereiche erörtert werden. Neben der wichtigen fachspezifischen Begleitung führen diese Treffen auch zu einer emotionalen Stärkung und Wertschätzung innerhalb dieser Berufsgruppe. In Stichprobenerhebungen und aus Erfahrungsberichten in der mobilen Hauskrankenpflege können die PFA im Bundesland Salzburg derzeit über 80 % aller angeforderten Pflegeleistungen übernehmen. Das hängt u. a. auch von dem aktuellen Grade-Mix in den einzelnen Organisationen bzw. den landesspezifischen gesetzlichen Vorgaben und Strukturen ab. Ein weiterer Aspekt für eine gelingende Integration, nicht nur von PFA’s in die mobilen Hauskrankenpflegeteams, ist ein smartes und intuitiv nutzbares Pflegedokumentationssystem. Hier bieten Smartphones inzwischen einen enormen Vorteil, nicht nur in der Wunddokumentation. Um den gesetzlichen Vorgaben hinsichtlich der Erstellung und Evaluierung der Pflegeplanungen durch den gehobenen Dienst Rechnung zu tragen und trotzdem das Potential der PFA nutzen zu können, können einfache Tools helfen. So sind z. B. entsprechend geschulte PFA’s in der Lage Pflegeplanungsvorschläge zu erstellen, welche von der DGKP nach entsprechender Überprüfung freigegeben werden. In der Diskussion sollte aus Perspektive der Qualitätssicherung nicht außer Acht gelassen werden, dass die Pflegefachassistent*innen i. d. R. (noch) nicht für spezielle Pflegeweiterbildungen (Psychiatrische Pflege, Wundmanagement, Palliativ Care etc.) Berücksichtigung finden. Der limitierende Faktor für eine höhere Akquise an PFA im Verhältnis zur DGKP ist in der Verantwortung, Evaluierung und Kontrolle des Pflegeprozesses zu sehen. In jedem Fall darf eine definierte Menge an DGKP nicht unterschritten werden. Das sollte aus meiner Sicht auch nicht zur Disposition stehen, um hier nicht in eine Grundsatzdiskussion über die Notwendigkeit und Gestaltung des (6-stufigen) Pflegeprozesses zu kommen, wie es bereits ansatzweise passiert. Eine Zielmarke, die auch mit hohen Qualitätsansprüchen korrelierenund der aktuellen Fachkräfteentwicklung in der Langzeitpflege Rechnung trägen könnte, könnte aus fachlicher Perspektive langfristig bei einer Drittelung der einzelnen Berufsgruppen in diesem Setting liegen,  je nach regionalen gesetzlichen Vorgaben und Leistungsportfolio. Die enorme Kund*innennachfrage nach Pflegeleistungen im extramuralen Sektor hat verschieden Gründe. Ein wesentlicher Faktor ist die Reduzierung von Pflegeplätzen aufgrund fehlenden Personals in den Senior*innenhäusern, speziell im Bundeland Salzburg. Gleichzeitig erhöht sich die Komplexität der Leistungen in der Langzeitpflege. In diesem Spannungsfeld stellt die Etablierung der PFA in der mobilen Hauskrankenpflege kein Wagnis mehr dar, sondern ist perspektivisch gesehen eine absolute Notwendigkeit.

Die Bestrebungen die Attraktivität der Berufsgruppe der PFA für die Langzeitpflege weiter zu erhöhen ist auch durch die aktuellen GuKG-Gesetzesnovellen sehr gut gelungen. Sämtliche Forderungen (wie z. B. das Setzen eines transurethralen Katheters beim Mann) aus der Landesgesundheitsreferentenkonferenz wurde entsprochen und im § 83 bzw. 83a manifestiert. Die Erweiterungen spezieller Tätigkeiten (z. B. Umgang mit subkutanen Infusionen) sind für die Prozesse in der mobilen Langzeitpflege essenziell.

Die Berufsgruppe der PFA benötigt, ausgehend vom § 82 GuKG, zusätzlich ein eigenes Berufsbild. Um das Selbstverständnis für diesen Beruf zu festigen, ist eine klare Abgrenzung zwischen Pflegeassistenz und Pflegefachassistenz eine grundlegende Voraussetzung. Sieben Jahre nach der „Geburtsstunde“ der PFA sollte unter Berücksichtigung der genannten Argumenten darüber nachgedacht werden, den Assistenzbegriff durch den Begriff der Pflegefachkraft zu ersetzen.

 

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Literatur

  • Holzweber, L., Pilwarsch, J., Zach, M., Gruböck, A., Mathis-Edenhofer, S., Wallner, A. (2022). Jahresbericht Gesundheitsberuferegister 2021, Gesundheit Österreich, Wien.
  • Hausreither M., Mayr, K. (2022). Die 20 Maßnahmen der Pflegereform. Österreichische Zeitschrift für Pflegerecht ÖZPR Manz-Verlag Wien
  • Halmich, M. (2017). Recht für Pflegefachassistenten in Ausbildung Ausbildungsliteratur für Gesundheitsberufe Band II (1. Auflage). Educa-Verlag.
  • Pilwarsch, J., Holzweber, L., Zach, M., Gruböck, A., Mathis-Edenhofer, S., Wallner, A. (2023). Jahresbericht Gesundheitsberuferegister 2022. Gesundheit Österreich, Wien.
  • Salzburger Pflegegesetz – PG, (1999). Gesetz zum Schutz von Personen in Pflegeeinrichtungen und zur Änderung des Salzburger Sozialhilfegesetzes StF: LGBl Nr 52/2000 (Blg LT 12. GP: RV 173, AB 233, jeweils 2. Sess) Abgerufen am 19.07.2023 von https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?frage=LrSbg&Gesetzesnummer=20000047
  • Weiss, S., Lust, A. (2021). Gesundheits- und Krankenpflegegesetz – GuKG (9. Aufl.). MANZ Verlag Wien.

 

Zur Person

Stefan Tautz, MSc, MBA

Nach der Ausbildung zum Diplomierten Gesundheits- und Krankenpfleger in Freising 1994 durchlief Herr Tautz die unterschiedlichsten Stationen und Funktionsabteilungen im Krankenhaus und absolvierte u. a. die Sonderausbildung für Intensivpflege- und Anästhesie. Seine Stationsleitungstätigkeit führte ihn 2009 in die Pflegedirektion der Kliniken Südostbayern. Hier war er an verschiedenen Standorten, insbesondere im Bereich Qualitätsmanagement und Prozessoptimierung, tätig.

 

An der Donau-Universität Krems absolvierte er berufsbegleitend den Studiengang „Management im Gesundheitswesen/Healthcare Management“, den er mit zwei Masterabschlüssen (MSc, MBA) 2015 erfolgreich abschließen konnte. Seit 2016 leitet Herr Tautz als Pflegedirektor die Fachabteilung Pflege beim Hilfswerk Salzburg. Ergänzend zu seinem beruflichen Engagement kann er auf eine langjährige Referententätigkeit bei verschiedenen Fachtagungen und Kongressen verweisen.

 

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